Feather Mountain – To Exit a Maelstrom

von am 10. November 2022 in Album

Feather Mountain – To Exit a Maelstrom

Die vier Dänen von Feather Mountain spielen auf To Exit a Maelstrom drei Jahre nach ihrem Debüt Nidus androgynen Alternative Rock mit stark proggigen Tendenzen, der sich ganz wunderbar für das Vorprogramm von Kollegen wie Circa Survive oder Flood of Red anbietet.

To Exit a Maelstrom scheitert letztendlich freilich nicht nur an sich selbst, sondern zu einem gewissen Teil auch an einer externen Tatsache (und der einhergehenden Unfairness der Subjektivität): Dass man praktisch zu jeder der aufgefahrenen 45 Minuten an die vielen Bands denken muss, an die das Zweitwerk der Kopenhagener erinnert, die für die die Ästhetik und das Songwriting von des Albums offenkundig nicht nur die Inspirationen, sondern eigentlich die (manchmal gar deckungsgleiche) Blaupause geliefert haben. Mehr sogar noch: dass man dies eigentlich sogar lieber tut, als sich den aufgefahrenen acht Songs restlos hinzugeben.
Denn unter den Strich kommen bei dieser sich selbst aufgebürdeten assoziativen Archillesferse dann eben die eigenen Schwächen – vor allem das Singwriting, aber auch die harmlose Produktion – als schlagendes Handicap dazu, weswegen eine Platte, die in der Theorie wie die genährte Wollmilchsau aus dem Fundus zahlreicher Lieblingsbands im Sturm erobern müsste, in der Praxis auf gefällige Weise begleitend überraschend kalt lässt.

Das Vermächtnis (?) von Agent Fresco verwalten wollend wandert die helle Stimme von Mikkel Lohman sanft, zart und selten zupackend zwischen Anthony Green und Chester Bennington, schmiegt sich an die atmosphärisch einnehmenden, durchdacht konzipierten, aber emotional nicht zwingend dorthin gehenden Songs, wo es wirklich berühren, geschweige denn wehtun könnte.
Die Gitarren pendeln stimmungsvoll und postrockig über progressiv vertrackte Rhythmen, so melodisch schwelgend und sehnsüchtig, aber ohne jedes griffige Momentum: Diese Band als Support von A Perfect Circle, Dredg oder Oceansize (ge) sehen (haben) zu können wäre trotz übermächtig dräuender Schatten eine feine Sache, denn per se schlecht machen Feather Mountain ja wirklich wenig.
August Matra speist sich vielleicht etwas zu überdeutlich aus seinen huldigenden Tool-Motiven, während das hinten raus grimmig aufgesetzten Gebrüll (exeplarisch für nahezu jede weitere dieser heavier gedachten Hintergrund-Ausschmückungen) als reine Kosmetik-Entscheidung ohne jede Konsequenz bleibt. Auch wenn Pariah zu bemüht etwas bedrohlicher raspelnd wie ein fahler Metal keift, um in bewährt verträumte Muster einzukehren, sorgt das als gut gemeinter Kontrast eher willkürliche schraffiert mit leidlich überzeugender Performance für zu lose angezogene Schrauben, bevor die Nummer den Pathos des Stakkato wählt. Warum klingt hier nur alles stets so diszipliniert konstruiert, und im Umkehrschluß kein Ausbruch oder Klimax wirklich instinktiv loslassend. Die mancherorts demonstrierte Intensität hat jedenfalls stets etwas unauthentisches.

Wie sich Beneath Your Pale Face oder (das endlich erfolgreicher, weil organisch mutierend die Zähne zeigende) Cloud-Headed dagegen mit jazzigem Schlagzeug kontemplativer geben, steht der Band sehr gut und auch das Finale den knapp zehnminütigen Maelstrom überzeugt in seinem Klischee aus Gemeinschaftsgesang und Bläsern, nachdem das instrumentale Interlude Air Hunger mäandernd Zeit geschunden hat. Die bittersüße Theatralik von Sincere: unverbindlich, ja, aber auch wirklich schön.
In diesen Szenen zeigt sich jedoch auch, dass die wirklich starken Hooks und Melodien neben der Katharsis, die To Exit a Maelstrom als Schmerztherapie und Beinahe-Konzeptwerk über erlittene Verluste freisetzen könnte, einfach fehlen: Kann man da von einer überdurchschnittlich soliden Egalität sprechen?
Also nicht falsch verstehen: alles hier läuft als geschmackvolle Zwischenmahlzeit wirklich fein nebenher, erfüllt gerade in technischer Hinsicht einige Ansprüche als kompetente Spielwiese, macht in Summe jedoch eigentlich in erster Linie Appetit auf die wirklich nahrhaften Hauptgänge.

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