Father John Misty – Off​-​Key In Hamburg

von am 26. März 2020 in Livealbum

Father John Misty – Off​-​Key In Hamburg

Eindrucksvolles Kino von Josh Tillman in Zeiten der Corona-Pandemie: Das Charity-Livealbum Off​-​Key In Hamburg hievt Father John Misty in stattlicher Größe und ehrwürdiger Länge auf die glanzvolle Bühne.

Im Gegensatz zu den Mitschnitten von Rough Trade oder Third Man Records kann Tillman bei dieser Aufzeichnung vom 8. August 2019 aus der Elbphilharmonie in Hamburg nicht nur auf eine achtköpfige Bandbesetzung zählen, sondern sogar gleich auf die Neue Philharmonie Frankfurt im Rücken. Vor diesem Hintergrund bekommen die 20 versammelten Songs mehr Bandbreite und ein üppigeres Spektrum, sie wachsen im Idealfall auch über die Studioversionen hinaus.
Gerade in der Eingangsphase rund um das seinerzeit betourte God’s Favourite Customer (das wie der starke 2017er Vorgänger Pure Comedy und I Love You, Honeybear die Setlist mit je sechs Songs ausbalanciert, wohingegen Fear Fun mit zwei Vertretern aufwartet) zeigt insofern auf.
Von Hangout At The Gallows weg dürfen die Arrangements opulenter sein, werden dabei aber niemals übersättigend oder aufdringlich, sondern sind fantastisch ziseliert artikuliert, machen die Originale spannender und nuancierter, schärfen aber bisweilen auch den Rock-Gehalt hinter den Songs. Hollywood Forever Cemetery Sings hat nun etwa eine schroffer bratzende Kante, der im Hintergrund aber eben eine ausladende Eleganz folgt, und die stoische Nummer von der Monotonie bewahrt.

Tillman behält die Fäden auf Off​-​Key In Hamburg dabei freilich nicht nur in Mr. Tillman stets in der Hand, lässt das Stück beispielsweise zum Folk flanieren und die Zügel am solierenden Rock enger ziehen, sich natürlich auch eines pfeift, und damit unmittelbar unterstreicht, dass jede der Bühnen-Umsetzungen Raum für viel Entdeckenswertes bietet.
Disappointing Diamonds Are The Rarest of Them All hofiert tirilierend-jubilierende Bläser und The Night Josh Tillman Came To Our Apt. badet in zauberhaften Harmonien, die das bei den Fleet Foxes Gelernte in einem schüchtern liebliche Chamber Pop-Kontext von zeitloser Grandezza zeigt. Strange Encounter sinkt besonders schön in seine Streichern, Total Entertainment Forever bekommt einem tragikomische Note und hält mit jovialem Lächeln die Fahnen hoch, wo Things It Would’ve Been Helpful To Know Before The Revolution geradezu gewaltig und aufbrausend den Kontrast aus Laut und Leise vermisst. A Bigger Paper Bag findet einen Score-tauglichen Anstrich, I Went To The Store One Day dagegen gefällt sich intim und zurückgenommen, verinnerlicht die sorgsame Orchestrierung, bevor auch The Palace Tillman ins Rampenlicht rückt.

Das nunmehr märchenhafte Nancy From Now On klang vielleicht nie lebendiger, Chateau Lobby #4 (In C For Two Virgins) verortet sich näher beim TexMex und Calexico, Please Don’t Die bekommt eine orgelnde Schattierung und Holy Shit ein kakophonisches Ventil mit ordentlich Schwung. Selbst eine prätentiös mäandernde Komposition wie Leaving LA zeigt da beinahe so viele Facetten, um über die bornierte Spielzeit nicht zu langweilen.
Überhaupt ist Off​-​Key In Hamburg über die gesamte Spielzeit enorm kurzweilig geraten, hangelt sich kurzweilig durch seine Ohrwürmer, schrammt gar am inoffiziellen Quasi-Best of vorbei und lässt Tillman vielleicht effektiver denn je Werbung in eigener Sache machen. Dass Father John Misty den Erlös des exklusiv via Bandcamp vertriebene Albums zudem dem guten Zweck spendet, macht die Sache noch feiner.

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