Failure – The Heart is a Monster
Mit ihrer ersten Platte seit 19 Jahren werden Ken Andrews, Greg Edwards und Kellii Scott wohl weiterhin nicht über den Status der Nischensensation im Spannungsfeld des post-grungigen Alternative Rocks der 90er Jahre hinauskommen. Das passt aber wohl schon so, wenn Failure ihrer eingeschworenen Fangemeinde kaum einen größeren Gefallen als ‚The Heart is a Monster‚ tun.
Genau genommen meinen sie es sogar zu gut mit all jenen, die vor allem das Meisterstück ‚Fantastic Planet‚ immer noch verehren wie am ersten Tag und über die langsam herangetastete Reunion der Band Freudentränen vergossen haben werden: 18 Songs über 63 Minuten treiben das Preis/Leistungsverhältnis der Crowdfunding-Platte nach oben, sind aber schlichtweg zu viel Material, um den Spannungsbogen von ‚The Heart is a Monster‚ konstant eng zu halten.
Alleine ohne die eingestreuten sechs instrumentalen ‚Segue‚-Ambienttracks, die zwar allesamt die Atmosphäre verdichten, aber den Spielfluss vor allem hinten raus unnötig ausbremsend zum Stückwerk verkommen lassen, wäre ‚The Heart is a Monster‚ im Gesamten noch zwingender geworden. So aber vermittelt die Platte nach der immens starken Eingangsphase neben leicht abfallenden Songs wie dem verwaschenen ‚Fair Light Era‚, dem launig dümpelnden ‚Otherwhere‚ oder dem schon fast schmalzig in Piano- und Streicherkitsch schwelgenden ‚Mulholland Dr.‚ als Brechstangennachfolgerballade für ‚The Nurse Who Loved Me‚ ein (eigentlich unbegründetes) Gefühl, als ob Failure anders als auf dem ebenfalls sehr ausführlichen Vorgänger über weite Strecken nicht ganz zum Kern ihrer Songs vorstoßen wollen würden, ihre Rückkehr bewusst zu ausführlich auskosten und darauf verzichten knackig-breitenwirksame Genieblitze zu erzwingen.
Und irgendwie passt diese Eigenwilligkeit ja auch nur zu gut zum restlichen Charakter der Platte, was dann auch gar nichts mit nostalgisch verklärter Wiederhörensfreude zu tun hat. Failure knüpfen auf ‚The Heart is a Monster‚ auch abseits der wiederbelebten ‚Segue‚-Parts unmittelbar an ‚Fantastic Planet‚ an (soll heißen: die Atmosphäre trägt unverkennbar die Handschrift der Band, man ist unmittelbar Mittendrinnen in derselben Stimmung, die die drei Vorgängerplatten ausstrahlten; also irgendwo in der Nähe davon, wie A Perfect Circle sich eventuell die besten Momente der Bush-Discographie mit Soundgarden–Schlagseite vorstellen), sondern klingen gleichzeitig durchaus transformiert: die vergangenen zwei Jahrzehnte sind nicht spurlos an der Band vorbeigezogen.
„Thematically we’ve moved from the outer space of Fantastic Planet to inner space“ erklärt Edwards, der seinen Bass von ‚Hot Traveler‚ weg mit malmender Trockenheit in Scotts akribisches Spiel verankert, einen monströs verschlossenen Groove unter die permanent in leichter Schieflage zu liegen scheinenden Riffmauern des stimmlich mittlerweile etwas monotoner gewordenen Andrews stemmt. Das blinde Spielverständnis des Trios lässt eine Platte wachsen, die gleichzeitig verschlossen wirkt und dann doch wieder mit großen Gesten nach den Sternen zu greifen scheint, Failure haben offenbar Spaß daran sich immer wieder selbst im Weg zu stehen, Umwege zu gehen, mit disharmonischen Fallstricken zu hantieren.
Andere Bands hätten einen Refrain wie jenen von ‚A.M. Amnesia‚ so wohl ins Rampenlicht gezerrt, Failure schalten davor aber lieber blitzschnell zwischen potentieller Doomwalze und schwerelos in den Horizont fliegenden Gitarre um, spritzen betörendes Gift. ‚Atom City Queen‚ ächzt als gnadenloses Brett, verunsichert wie viele andere Songs aber mit einer regelrecht psychotisch wirkenden Dunkelheit, da können Failure mit ihrem immer wieder auftauchenden alten Kumpel und Queens-Gitarrist Troy Dean Van Leeuwen noch so zarte Synthieschleier über die behutsame Akustikgitarre in der spannungsgeladenen Schönheit ‚Snow Angel‚ legen.
‚Counterfeit Sky‚ pustet als Spacerock-Alter Ego der Rival Schools die Gehörgänge frei, das sinistre ‚Petting the Carpet‘ ist nicht nur deswegen purer Anachronismus, weil es sich bei der Nummer ursprünglich um ein ‚[amazon_link id=“B0000057BL“ target=“_blank“ ]Comfort[/amazon_link]‘-Outtake handelt – das hypnotische pochende ‚I Can Se Houses‚ existiert bereits seit 1991, hat aber ebenfalls keinerlei Staub im Evolutionsprozess angesetzt, im Gegenteil: selbst wenn Failure wie hier verletzlich auftreten, klingen sie vital wie eh und je und gerade diese immanent aus der Zeit gefallene, fast schon unmoderne Ausstrahlung macht einen immensen Anteil am stetig wachsenden Reiz der Platte aus. Da ist es dann auch fast symptomatisch, dass Failure eine potente Single wie das nach vorne gehende ‚The Focus‚ nochmal überarbeitet haben, nun dumpfer grollen und abründiger drücken lassen, damit sie stimmiger in den Kontext passt.
Hits werden eben weiterhin andere Bands einfahren, Failure bleiben dagegen wichtig. „They has been a huge inspiration to me. They say amateurs borrow and professionals steal. Well over the years this pro has robbed those poor saps blind“ schwärmt etwa Maynard James Keenan über Your favorite band’s favorite band. Mit ‚The Heart is a Monster‚ holen sich Failure zumindest schon einmal wieder die Krone des mainstreamfremden 90er Alternative Rock von jüngeren Erbverwaltern des 90er Alternative Rock wie Black Map zurück.
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