Facs – Wish Defense

von am 1. März 2025 in Album

Facs – Wish Defense

Wish Defense ist zwar bereits das sechste Studioalbum der minimalistischen Post Punker Facs, fühlt sich allerdings dennoch ein kleines bisschen wie ein zweites Debüt für die Band aus Chicago an. Eine Fußnote in der Musikgeschichte hat die Platte allerdings aus einem anderen Grund inne.

Immerhin haben wir es hier mit dem letzten Werk zu tun, an dem Steve Albini noch wenige Stunden vor seinem Tod gearbeitet hat.
Dass Sanford Parker und John Congleton den Job nach dem 7. Mai 2024 zu Ende bringen mussten, verwässert die prägende Handschrift am Sound von Wish Defense gefühlt keineswegs: das Duo hat die Produktion so weit als möglich im Sinne von Albini zu vervollständigen versucht.
Die Gitarre kleidet das Ambiente so nun meist atmosphärisch formfrei aus, der Gesang bleibt ein zur Distanz neigender, über Verdoppelungen erzählender Ankerpunkt, derweil die so organisch und natürlich eingefangene Rhythmusabteilung mit nahbarer Tiefe im Raumklang prägnant vorne steht.
Stichwort Rhythmusabteilung: Mehr als ein Abschied von Albini wagen Facs hier einen Neuanfang unter umgekehrten Vorzeichen. Wish Defense ist die erste Aufnahme seit dem Wiedereinstieg des (die 2018 quasi aus Disappears heraus geboren wordene Band vor dem Release ihres Debütalbum verlassen habenden) Original-Gitarristin Jonathan Van Herik, der nun anstelle von Alianna Kalaba den Bass bedient.

Mit ihm ist das Spiel von Facs gefühlt deutlich melodischer und weicher geworden. Die dunkle Färbung des Tieftöners bewegt sich ab Talking Haunted in jenen Gefilden des Post Punk, in dem Viet Kong aus ihrer Liebe für The Cure kein Geheimnis machten. Die Stimmung ist fesselnd, das Setting reduziert, aber so präzise: Eklektizismus meint hier keine Austauschbarkeit, nichts scheint redundant oder unüberlegt. Facs‘ Zugang zum Metier ist basisch, zeitlos. Auf das Wesentliche beschränkt und simplizistisch, limitiert sich dadurch aber keineswegs selbst. Die sinistre Gitarren schneidet plinkend, könnte zugegeben ruhig gefährlicher sein, doch das melancholische Sinnieren gerät so umso runder.
Der Rahmen von Ordinary Voices schleppt das Mühsal einer andächtigen Positur für einen treibenden Kern, in dem die Saiten-Patina psychedelisch zu wuchern beginnt und die wie immer superben Drums subversive Spannungen für eine elegante Revolte erzeugen. Dem Zusammenspiel von Bass und Schlagzeug zum Beginn des Titeltracks könnte man ewig zuhören, auch, weil sich bald offenkundige Ought-Assoziationen in das Geschehen schleichen. Das eigentliche Highlight ist aber freilich, wie sehr Brian Case über die Hooklines aus sich herausgeht: „I’m not here/ Are you real?“.

Eine solch punkige Direktheit und pointierte Zielsetzung im Songwriting im Speziellen ist ansonsten nicht das Ding von Wish Defense, aber auch die Stringenz des übergeordneten Fluss im Allgemeinen kommt danach abhanden: gerade im Mittelteil wirkt die Platte (bezeichnenderweise durch die beiden kürzeste Nummern) unfertiger, weniger effektiv, wenn das gackernde A Room oder das hypnotisch klackernde Desire Path sich als Meditationen um grundlegende Ideen definieren, dabei aber wie flüchtige Skizzen selbst im Kontext das installierte Niveau nicht stemmen können.
Danach fängt sich Wish Defense wieder, wenn auch mit suboptimalen Sequencing: dad von der leger groovenden Kompaktheit zur luziden Jam-Trance werdende, ohne Klimax verklingende Your Future ist nämlich ein weniger eindrucksvoller Closer als das superbe Sometimes Only, das als polterndes Halluzinogen funkelnd mit aller Zeit der Welt verglüht. Diese Umstellung hätte den Bogen an der Achse aus absolut archetypischen Ästhetik und einer universell genretreuen Klasse nämlich ideal geschlossen.


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