Faceless Burial – At the Foothills of Deliration

von am 26. Oktober 2022 in Album

Faceless Burial – At the Foothills of Deliration

At the Foothills of Deliration ist nicht nur ein Hirnfick-Pendant zu anderen aktuellen Death Metal-Platten wie Bacteriophage, sondern schraubt zwei Jahre nach Speciation auch die hauseigenen Ansprüche von Faceless Burial nach oben.

Das technisch brillante australische Trio hätte es sich freilich einfacher machen können und ihr 2020 verdammt viel Begeisterung in der Szene generierende Zweitwerk gewissermaßen noch einmal aufnehmen können. Stattdessen trägt sie eine Kampfzone dorthin, wo gerade Speciation eine Stärke hatte und legt es bewusst darauf an, es nicht jedem Recht zu machen, der vor zwei Jahren begeistert war.
Faceless Burial schieben die sumpfigen Vocals in ihrem traditionell geprägten, aber modern gespielten (und nunmehr auch über den Tellerrand blickenden) Death weiter zurück in den Mix der fetten, rohen, massiven, dichten und organischen Produktion (die sich besonders an den she natürlich eingefangenen Drums fabelhaft schätzen lässt – das kalkulierte Chaos um obskure Albumtitel wurde von Blood Incantation-Spezi Pete deBoer stark in Szene gesetzt) und geben sich der Virtuosität exzessiver hin, provozieren diesmal eine relativ atemlos gestaffelte, wendungsreich aus dem Schleudersitz katapultierende Reizüberflutung, als wäre die bisherige Diskografie nur das aufwärmende Vorspiel gewesen.

Alleine wie das mit punkiger Attitüde breitbeinig und assig hingerotzte Dehiscent nach knapp zweieinhalb Minuten plötzlich den demonstrativen Twist vollzieht und dann fast wie metallischer Slam-Hardcore bolzt, während die Gitarre(n – plural, bei all den voluminösen Overdubs) in Höhen von Gorguts  geschraubt werden, ist durchaus exemplarisch für ein (Anti-)Songwriting, das sich in seiner Progressivität der Nachvollziehbarkeit entzieht, homogenisierten Umbrüche an die Stelle von Wachstum stellt und die Kompositionen mit (zu) vielen Eindrücken füllt, aber nicht überlastet.
Gleich Equipoise Recast verschleppen das rasende Tempo zur heavy Walze, immer wieder heulen, solieren und quietschen die Saiten aus den in die Mangel nehmenden Riffs hervor, der Groove tackert brutal. Die Ideen und Motive springen wie von der Tarantel gestochen umher und können mehr als zuletzt wie ein hirnwütiges Kompendium der Segmente wirken. Das mag eine ambivalente Evolutions-Entscheidung sein, doch funktioniert der stroboskopartige Mahlstrom – durch die Klasse der Szenarien, der Geschlossenheit der Ästhetik, der Dynamik der Performance. Und für ausgleichende Augenblicke, um der Erschöpfung vorzubeugen sorgen atmosphärische balancierende Einkehren und das furiose Sequencing, am markantesten natürlich im Sinne von Haruspex at the Foothills of Deliration, das weitestgehend ein ätherischer, stimmungsvoll mit Ambient- und Choral-Wirkstoffen aufgehendes Interlude ist, das die episch hardrockende Kante von Redivivus Through Vaticination vorbereitet. Oft ist das angestammte Genre nun eben auch offen für externe Einflüsse.

Ein schwindelig machender, desorientierender Rausch, der einem einfach die Spucke raubt, dafür allerdings auch die ideale kurzweilige Länge hat und mit enormer Spielfreude anfixt. Symptomatisch sind es dabei nicht einzelne Höhepunkte, die überragend beeindrucken, sondern der Exzess am Stück, der einem als Ganzes ein feistes Grinsen abringt.
Trotzdem sind immer noch jene Momente am geilsten, in denen Faceless Burial frappant an die Mastodon ihrer Zunft erinnern – wenn etwa From the Bastion to the Pit wie ein Crusher Destroyer in den Wahnsinn abbiegt, oder mehr noch A Mire of Penitence ein ziemlich fieses, erstaunlich catchy-doomiges Riffs zur röchelnden Morast growlt, sich zwischen zähflüssig Erbrochenem und extatischen Auszuckern nicht entscheiden will, derweil auch der gurgelnde Bass in der Auslage steht, wo ohnedies jeder Song trotz der archaischen Trio-Besetzung so viel zu entdecken lässt. Wer dem Reißwolf also wirklich vorwerfen will, dass da außer Momentaufnahmen nichts hängen bleibt, der hat vielleicht einfach nicht aufgepasst.

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