Exhorder – Mourn the Southern Skies
Exhorder haben mit ihren ersten beiden Studioalben einen Platz in den Annalen der Musikgeschichte sicher – immerhin waren sie die Initialzündung für die Karriere von Pantera. Weil sie dafür aber nie den verdienten Respekt bekommen haben, hat es auch 27 Jahre gedauert, bis mit Mourn the Southern Skies nun ein Nachfolger erschienen ist.
Man kann dabei durchaus nachvollziehen, warum Puristen über Mourn the Southern Skies nicht nur nörgeln, sondern es massiv unter Wert verkaufen. Die (viel zu sauber und charakterlos muskulös an aktuelle Standards angepasste) Produktion der Platte ist fetter und sauberer als jene der zwei Vorgänger; von der unkontrollierbar dreckigen Aggressivität und umpackbar rohen Intensität, die Slaughter in the Vatican (1990) und The Law (1992) auskotzten, ist knapp drei Dekaden später nur noch wenig über – obwohl der Charakter von Exhorder immer noch klar erkennbar ist.
Trotzdem verbiegen sich manche Refrains gar zu sehr hin Eingängigkeit, ist das Album mit 53 Minuten sowieso eine Spur zu lang geraten. Doch der Vergleich mit alten Großtaten hinkt ohnedies: Die Zeit ist eben nicht stehen geblieben und wo die beiden originalen Alben Klassiker des Genres sind, ist Mourn the Southern Skies nur ein sehr gutes Genre-Werk geworden, dass den klassischen Thrash im Groove Metal deutlicher akzentuiert und zudem weiter denn je in den Doom blickt.
Misst man Mourn the Southern Skies nicht direkt an seinen Vorgängern, bleiben dennoch immer noch einige Kritikpunkt. Die Texte der Platte sind generell nicht besonders gut und im so catchy seinen unglaublichen Speed ausspielenden Opener My Time sogar geradezu ärgerlich prollig und nu-primitiv („Too weak to notice/ My two week notice/ Go Fuck Yourself/ It’s time, my time is mine/ I don’t give a fuck/ You’re out of luck/ So go fucking whine/ Now I’m the boss“).
Dazu geht noch nicht jedes Experiment im Sound auf. Immer wenn die Band das Tempo massiver bis in den Southern-Doom ausbremst, leidet die enorm dringliche Energie der galoppierenden Geschwindigkeitskoller ein klein wenig an der Prägnanz: Asunder drosselt sich etwa mit viel Groove und epischer Geste, der Sound bleibt extrem dicht und satt, man will die Hymne jedoch ein bisschen zu verkrampft beschwören. Yesterday’s Bones badet zu träge in der puren, grandiosen Heavyness, hat aber einen (den ansonsten sehr gleichförmigen Klang) fein durchlüftenden Acoustik-Ausklang. Und der angerührte Riffbrei The Arms of Man zeigt, dass Exhorder sich auch in der relativen Zeitlupe verdammt gut positionieren, dabei aber eben eher wie Epigonen denn Legenden wirken – dabei aber vielleicht sogar das Amalgam aus dem besseren Repentless und einem soliden Nachfolger zu Over the Under abgeliefert haben.
Der mit Klargesang (des stimmlich immer noch so tollen Kyle Thomas) ausgestattete Abschluss in Form des Titelsongs entwickelt sich deswegen im Windschatten von Cemetery Gates auch versiert von der latent pathetischen, durch dezente Streichern eingeleiteten (und von souligen Orgelklängen hinaugeleiteten) akustische Ballade zum eleganten Down-Worshiper, wirkt aber über die volle Spielzeit gedehnt auch ein klein wenig bemüht auf archetypische Closer-Formeln reduziert konstruiert.
Allerdings ist das Jammern auf einem immens beachtlichem Niveau, dass die Erwartungshaltungen viel mehr umgeht, als sie nur zu übertreffen. Das Songwriting und die Performance sind jedenfalls durch die Bank stark, die Dynamik bleibt mitreißend. Ob nun das an sich furiose My Time mit Lachgaseinspritzung von Pantera zu Slayer und Anthrax rast oder das bedächtigere Hallowed Sounds spätestens im Refrains mit Elementen des Power- und Proto-Metal operiert.
Beware the Wolf drückt wieder mehr aufs Gas, inszeniert seinen Chorus mystischer und kompensiert den Mangel an Genie mit verdammt viel Klasse und Können: Die Rhythmusarbeit und die Soli sind stets gelungen, und auch wenn die Veranlagung der Band längst nicht mehr ikonisch, originär oder gar visionär zu verortet ist, steckt die zweckmäßige Effektivität den Durchschnitt der Szene absolut locker in die Tasche und hat über Brecher wie All She Wrote oder Rumination ordentlich Dampf unter der Haube: Mourn the Southern Skies ist schlichtweg ein nackenbrechender Metal-Spaß.
Dennoch ist es durchaus sinnbildlich, dass die stärkste Nummer der Platte mit Ripping Flesh die „Neu“-Aufnahme eines Get Rude-Demosongs ist – noch eingespielt mit dem ehemaligen Stammschlagzeuger Chris Nail. Wenn Exhorder hier einen nahezu perfekt auf den Punkt geprügelten Thrasher ohne Eindimensionalität liefern, kommt man beinahe doch nicht umher, mit all den Puristen doch noch mitzujammern. Auch wenn die Matte dabei so erbarmungslos rotiert, dass zwischen den Punkten nur die Aufwertung möglich ist.
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