Everything Everything – Arc
Everything Everything bringen die PS ihres kunstvoll gewobenen Technik- Synthierock im zweiten Anlauf noch direkter – und trotz allem: sogar unprätentiöser! – auf den Boden, als dies vor zwei Jahren bereits auf ‚Man Alive‚ gelungen war.
Immer noch sowas wie klassischer Musikstudentenrock mit sorgfältig an den Puls der Zeit gelegten Ohren, wilder Fingerfertigkeit und immer an der Grenze zum Besserwisserei vorbeischrammenden Ideen an allen Ecken und Enden: das Quartett aus Manchester hält auch auf dem Nachfolger des polarisierenden, wild um Aufmerksamkeit buhlenden ‚Man Alive‚ nicht mit den eigenen Qualifikationen und Inspirationsquellen hinter dem Ofen. Nur, dass Everything Everything auf ‚Arc‚ eben alles das beeindruckende Quäntchen besser, stringenter und auch packender gestalten, als auf ihrem zwei Jahre alten Debütalbum – der Fokus ist feiner justiert und hat nichts mehr von dem angedeuteten Schaulaufen der eigenen musikalischen Fähigkeiten abseits des zwingenden Pragmatismus. Jedermanns neue liebste Indierockband wollen Everything Everything dennoch nicht (mehr) sein, legen die Engländer ihr eklektisches Stilamalgam doch derart an, dass man hier nichts von vornherein bedingungslos mögen muß – aber den versammelten 48 Minuten mit genügend Wohlwollen sehr leicht vollends verfallen kann.
‚Arc‚ vereint dafür vor allem die frickelig oszillierenden Math-Gitarren, welche auch Foals durch ihren ähnlich gedankenvollen Rock perlen lassen mit dem Gespür für allgemeingültige Popmelodien mit polyrhythmischen Ansatz, wie das jüngst höchstens Alt-J so anstandslos hinbekommen haben. Speziell werden Everything Everything dabei jedoch weniger aufgrund der allerorts umher grätschenden Synthie- und Laptop-Einstreuungen, sondern aufgrund Jonathan Higgs‘ nach wie vor gewöhnungsbedürftigen Gesang: der hangelt sich in allen Tonlagen mit spezieller Vorliebe für eine gepitchte Kopfstimme irgendwo zwischen Of Montreal-Vorstand Kevin Barnes , Maps & Atlases Präger Dave Davison und Radiohead-Stimme Thom Yorke umher, um sich in phasenweise arg kodierten Gedanken zu ergehen: „I could be the dolphin of your dreams„. Wie an allem hier gilt diesbezüglich im speziellen: wer erst einmal Feuer gefangen hat, wird von ‚Arc‚ nicht mehr genug bekommen können.
So verschachtelt, sperrig, überladen und schwer zu ergründen ist das zweite Album der Engländer dabei eigentlich nie, wie es sich auf den ersten Blick gerne gibt: ob nun im kniffligen Stakkato-Drum-Rausch von ‚Cough Cough‚, dem elegischen Streichermeer von ‚Duet‚ oder dem elektronisch verspulten, weit ausladenden Tanzakt von ‚Amourland‚: stets belohnen sich Everything Everything für jedwede Umständlichkeit im Ansatz mit letztendlich bombastischen Killermelodien samt hartnäckiger Refrains mit weltumarmender Hymnik. Da krönen Songs wie ‚Kemosabe‚ oder ‚Torso of the Week‚ das immense Chartpotential der Platte und schreien gleichzeitig nach Heavy Rotation in der Indiedisco – dennoch sind es auf dem zweiten Album der Engländer im Gegensatz zu ‚Man Alive‚ ausgerechnet die erhabenen Ruhepole abseits der zackig bratzenden Knaller: da gönnt sich der Titelsong zur Hälfte beinahe eine ätherische Verschnaufpause und ‚Undrowned‚ gibt darauf das dramatisch wellende Gitarrenmeer mit ‚In Rainbows‚ in Sicht. Noch schöner sind da nur balladeske Sternstunden wie der elegisch dröhnende Pulsschlag ‚The House is Dust‚ oder der erhabene Schwermut-Brocken ‚The Peaks‚. Dass Everything Everything nach diesem potentiell optimalen Schlusspunkt für ‚Arc‚ mit ‚Don’t Try‚ doch noch schnell mal einen astreinen Ohrwurm hinterherschicken ist dann wahlweise einer der wenigen Schönheitsfehler auf einem stringent in den Gehörgängen nistenden Zeitgeist-Geniestreich oder nur eine wunderbare Analogie zum Auslauf von ‚A Certain Trigger‚.
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