Escuela Grind – Dreams on Algorithms
Die Kontroversen um Escuela Grind reißen in Szene-Kreisen zwar gefühlt nicht ab, doch kann das dem Kern-Trio Katerina Economou, Jesse Fuentes und Kris Morash (nebst Neo-Bassist Justin Altamirano) angesichts von Dreams on Algorithms wohl endgültig ziemlich egal sein.
Während in puristischen Grindcore-Zirkeln weiterhin kaum etwas verpönter ist, als die Band aus Ithaca zu mögen, lassen Escuela Grind all ihre „Das ist doch kein richtiger Grindcore!“-Kritikern nunmehr mit Ansage ins Leere laufen.
Indem sie aus dem Vorwurf endgültig eine Tugend machen, die Songs ihres Drittwerks spielzeittechnisch etwas länger und ausgefeilter anlegen als jene von Memory Theatre und Indoctrination, soundmäßig (auch durch mithilfe von Kurt Ballou) zudem kräftiger aufgestellt agieren als bisher. Das bietet dem Material im Grind-Sektor wie zum Hohn (und ohne sich der Konfrontation zu entziehen) mehr Auftrittsfläche, während der Gutteil der Ästhetik drumherum kurzerhand einfach tatsächlich über die Grenzen des angestammten Genres mit einem grundlegenden Mehr an DDEEAATTHHMMEETTAALL-Party kultiviert wird.
Das ist per se keine Überraschung, hat der Vorbote Turbulence doch bereits Umstürze im MO der Band angekündigt, indem Economou den Rat von Napalm Death-Buddy Shane Embury annehmend eine eine melodische Hook im launigen Klargesang als Klammer anlegt – auch wenn Dreams on Algorithms die Dinge nun nicht so radikal auf links dreht, wie es die die Toleranzgrenze prophylaktisch verschoben habende Single (nun nicht als Spitze eines massentauglich gewordenen Eisbergs fungierend, sondern als vorläufig am weitesten vom Metal entfernte Probe aufs Exempel) versucht hat.
Das ballernd-tackende Quasi-Titelstück DOA holt zwar erstmal alle mit einer massiven Vertrautheit an Bord, drosselt das Tempo aber später breitbeinig für eine atmosphärische Heaviness, während Always Watching You den Groove Metal und Hardcore-Galopp forciert. Constant Passenger speist sich zu gleichen Teilen aus Nails, Slipknot und Misery Index, wo Vincent Bennett von The Acacia Strain fast absurd würgend zum nächstens Blastbeat schleppt. In Moral Injury herrscht ein doomiger Sludge Sound mit Metalcore-Nuancen, die Komposition gibt sich mathproggiger schlingernd. Waren Escuela Grind bisher nie richtiger Grindcore, dann ist Dreams on Algorithms der bestmögliche Beweis, dass ihnen das Genre-Korsett einfach nur zu eng ist.
Concept Of God rührt den Circle Pit also mit einer militärischen Strenge an, die Brandbeschleuniger gesoffen hat, Call-and-Response-Absichten hegt und die Variabilität hinten raus geradezu lässig schlenzt, derweil die Riffschleuder Animus Multiform wie eine Lehrstunde für Bands wie Vended auftritt und ein eskalierendes Solo als Lektion nachtritt, oder Scorpion als relativ mitgröhlbaren Hit anbietet. Planned Obsolescence pflegt die Dembow-Tanzbarkeit als rhythmische Würze und Toothless flirtet mit dem Deathcore und Thrash. Nicht wahllos, sondern alles auf Linie.
Die Vielseitigkeit, die letztendlich vor allem homogen in ein rundes Ganzes integriert wurde, was den Sound der Band weniger ausstreckt oder verbiegt, als ihn einfach reichhaltiger füllt und so immer schon vorhandene Aspekte mit einer „Jetzt erst recht“-Vehemenz (und keiner den Schwanz einziehenden Kompromissbereitschaft) zelebriert. Dass all die wenig schmeichelhaften Dinge, die online über Escuela Grind herumschwirren, in starkem Kontrast zu dem sympathischen Wesen stehen, mit dem man die Band selbst auftritt, spielt insofern auch keine Rolle: Dreams on Algorithms ist ein Schaulaufen dafür, wieviel (nicht zu tiefgründigen, ohne Ausfall hier und da jedoch den Schatten der Highlight-Songs spürenden) Unterhaltungswert tonale Aggressionen vermitteln kann – und man dem Drittwerk höchstens vorwerfen kann, im Studio nicht den selben Enthusiasmus einfangen zu können, den das Quartett live lostritt.
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