EOB – Earth
In den Texturen und Akzenten erkennt man die Stammband von Ed O’Brien in den Nuancen immer noch. Allerdings hat der 52 Jährige auf Earth unter dem EOB-Akronym-Alias merklich Spaß an den Freiheiten jenseits von Radiohead.
Tatsächlich ist Earth sogar so eklektisch und assoziativ veranlagt, dass die Platte gar einem kaleidoskopartigen Schaulaufen durch externe Einflussbereiche anmutet, die EOB auch durch die allgegenwärtige Nonchalance und Unbeschwertheit in der Herangehensweise durchaus auf einen Nenner bringt.
Dennoch kann die Platte auf Albumlänge gerade in der Mitte ein bisschen zu unverfänglich auf einen nebensächlich einnehmenden Durchzug schalten lassen. Der sommerliche Gitarrenpop von Deep Days bietet etwa ein gefälliges Ambiente, läuft mit entspanntem Beat und sympathischen Harmonien angenehm dahin, verliert aber ohne packende Ideen selbst dann an Reiz, wenn O‘Brien erstmals vage wie ein naher Verwandter von Bono klingt. Der frühmorgendliche 70s-Folk-Tau von Long Time Coming bleibt so stimmungsvoll wie unverbindlich, das ähnliche Mass schrammelt lauernd bittersüß, baut Spannungen auf, es dräut sogar der Drone-Abgrund, letztendlich bleibt es aber bei der atmosphärischen Studie ohne Konsequenz. In der psychedelisch verschwommenen, latent tiefenwirksamen Zeitlupe von Sail On plätschert eine bedächtige Erinnerung an Sailing von Deerhunter und der tropical-lockere Rhythmus von Banksters trägt, was spätestens beim bratzenden Chorus als direkte Imitation von 5/4 der Gorillaz durchgeht. Allesamt sympathische Nummern, allesamt ohne ärgerlichen Beigeschmack bald vergessen.
Am nachhaltigsten überzeugt Earth dagegen in seinem – weitestgehend bereits vorab veröffentlichten – Rahmen.
Shangri-La tut dies etwa als rhythmischer Upbeat-Rocker, ungefähr an der Schnittstelle von Beck und Primal Scream aus der Perspektive der schwarweißen Hives: Die Texturen sind verspielt, beinahe flapsig, doch die krautigen Space-Konturen bleiben griffig. Brasil beginnt als melancholisch gezupftes Fingerpicking-Stück im unspektakulären, aber zärtlich tröstenden Folk, das, sobald sich die Nummer ihrer Limitierungen bewusst wird, in einen wummernden Elektro-Club-Remix in voller Hopkins-Dynamik verfällt, erhebende Gesten im somnambulen Treiben inklusive. Das ähnlich überlange, ebenso kurzweilige Olympik werkelt erst mit Synthbass wie ein sachte-verträumt nachhallendes Dancefloor-Negativ von Thom Yorkes Anima in Synthese mit Zooropa, das zur Mitte hin durch energisch-organische Drums wie im Jam abgetaucht wird. Das sich die Produktion von Flood dabei ohne zwingenden Pfeffer ein bisschen unausgegoren vertändelt ist ebenso exemplarisch, wie die Tatsache, dass die Kompositionen von Earth entweder gar keine Entwicklung durchmachen, oder als zweigeteilte Segmente den kompletten Umsturz wagen.
Wenn Cloak of the Night als versöhnliches Duett mit Laura Marling (einer der prominenten Namen auf der Gästeliste neben Schlagzeuger Omar Hakim, den Invisible-Mitgliedern Nathan East und Dave Okumu, Portishead-Gitarrist Adrian Utley, Wilco-Drummer Glenn Kotche sowie Bass-Kumpel Colin Greenwood) am Lagerfeuer verabschiedet, gilt aber ohnedies einmal mehr die Devise, dass Radiohead-Mitglieder nur im Verbund zu Meisterwerken und Magie fähig sind, sie auf sich alleine gestellt aber stets für (mindestens) gutes Material bürgen.
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