Electric Wizard – Wizard Bloody Wizard
Die okkulte Stonerdoom-Institution Electric Wizard versucht sich auf Wizard Bloody Wizard deutlicher den 70ern und halluzinogenem Proto-Metal zuzuwenden, scheitert dabei allerdings am eigenen drögen Konservatismus – sowie einer ungesunden Portion Inkonsequenz, Faulheit und Nachlässigkeit.
Auch wenn sich das so unfassbar stoische, herrlich monoton konzentrierte See You In Hell (wo sonst, Jus?) nun nur als bedingt exemplarisch für Electric Wizard im Jahr 2017 erweist, weil Wizard Bloody Wizard nicht das erhoffte ultra-heavy Slo-Mo-Blues Album geworden ist, das die sich immer wieder selbst zu erschöpfen drohende Vorabsingle in Aussicht stellte: Das plakative Artwork und der referenzschwere Plattentitel des neunten Studioalbums von Jus Osborn und seiner Horrorbande alleine lassen in gewisser Weise bereits durchaus adäquat erahnen, wohin die Reise geht – im Umkehrschluss allerdings auch, dass die Engländer für das Erreichen der durchaus erkennbaren Ambitionen keineswegs bereit sind, kreativen Kraftakte zu vollführen.
Wizard Bloody Wizard wird sich deswegen als unausgegorene Platte zwischen den Stühlen entpuppen, die den Fokus im Sound minimal zu verlagern versucht, ohne dabei alte Komfortzonen im so vorhersehbar wie zuverlässig agierenden Songwriting verlassen zu müssen.
Vielleicht ist Wizard Bloody Wizard damit der Missing Link zwischen der straighten Gangart vom erstaunlich gut gealterten Black Masses und dem Retro-Flirt von Time to Die, vielleicht auch das Ergebnis von zuviel ungezwungenem Müßiggang im hauseigenen Satyr IX-Studio vor der nächsten Tour. Während Osborns Gesang in der einfach nicht wirklich packen wollenden Produktion überraschend weit nach oben gemixt wurde um den melodischen Zugang zu erhöhen, soll dadurch wohl generell eine beschwingteren Leichtigkeit im Doom der Band wachsen: Die Rhythmussektion hat generell mehr Luft, der Bass (von Neuzugang Clayton Burgess) bekommt kaum monomentale Tiefe, das Profil hinter den verwaschenen Gitarren bleibt wenig pointiert.
Wohin Electric Wizard in dieser Ausrichtung mutmaßlich wollten, lässt sich wohl am ehesten anhand von Necromania nachvollziehen: Das Schlagzeug forciert eine regelrecht jazzige Leichtigkeit (was im Kontext natürlich absolut relativ zu verstehen ist), repetitiv forciert die Band eine Vintage-Catchiness, die endgültig an zurückgelehntere Momente der Kollegen von Uncle Acid erinnert. Das passt an sich durchaus, denn da der überwältigende Druck im Sound fehlt, ist grundsätzlich mehr Raum für trippige Welten oder eben eine filigranere Kompaktheit freigeschaufelt – doch kommt die klangliche Inszenierung letztendlich niemals sonst dermaßen effektiv auf einen Nenner mit dem bisweilen ärgerlich lahmen Songwriting der Platte.
Electric Wizard bedienen längt mit einer gewissen Grundbeliebigkeit das eigene Klischee. Die meisten Songs, Gitarrenfiguren und Gesangslinien wirken wie Abziehbilder altbekannter Motive und Schablonen. Wizard Bloody Wizard hat zudem keine ikonischen Riffs oder unbedingte Hooks, kaum zwingenden Einfälle oder wirklich kreativen Strukturen zu bieten, und schlängelt sich so sirupartig wie grundsolide, so loyal wie auch erstmals wirklich frustrierend durch seine letztendlich vor allem wieder so typischen Kaskaden.
Hear the Sirens Scream schleppt sich etwa repetitive über sein Zeitlupen-Riff und arbeitet sich ohne Ziel an zerfahrenen Standards ab: Irgendwann lichtet sich die intensitätslose Wucht für cleane Gitarren, doch verglühen diese alsbald wieder ohne nachhaltige Präsenz, der finale Exzess säuft irgendwo in der hintersten Reihe der Produktion ab. Das tektonische Mourning Of The Magicians verschiebt seine glimmernden Fuzzwände dagegen über 11 Minuten mit geduldig beschwörendem Doom-Schamanismus, lässt seine elaborierte Spielzeit mühelos vor dem inneren Auge verschwimmen, ohne an alte Glanztaten der Band anknüpfen zu können. Das ist nicht so monumental wie anvisiert, aber schichtet seine Nuancen, ausgebremsten Geschwindigkeiten und Wirkungsgrade mit soviel Gefühl und versiertem Können um, wie das so vielleicht nur die abgebrühten Teufelsanbeter aus Dorset hinbekommen.
Wizard Bloody Wizard ist eben keineswegs ein schlechtes Album. Es ist nur ein so verdammt ernüchterndes, wenn das Quartett eine gewisse Aufbruchstimmung signalisiert, diese aber beinahe ausnahmslos mit auf Nummer Sicher gehenden by the numbers-Kompositionen untermauert.
Wicked Caresses frönt beispielsweise einer legeren Bösartigkeit, die nach den üblichen Tugenden am Papier auch gar nichts falsch macht – letztendlich aber so beliebig und belanglos wie nebenbei aus den Boxen kriecht. Zu oft spulen Electric Wizard ihr Programm ohne relevanten Impact oder erkennbare Leidenschaft ab, wirken wie Dienstleister, die sich in den eigenen Drogenschwaden verrant haben. Woohin das orgelschwere Interlude The Reaper in seinem halluzinogenen Noise-Groove möchte, bleibt ein Rätsel – wie so oft manövriert die Band ihr pflichtbewusstes Songwriting auf Wizard Bloody Wizard ins unbefriedigende Nirgendwo.
Selten zuvor klang eine Platte der Band in dieser ambivalenten Diskrepanz verankert deswegen gleichzeitig bewährt abliefernd sowie doch auch fauler ausformuliert und gelangweilter mit sich selbst, zumindest aber unentschlossen zwischen altbekannter Trademark-Heavyness und okkulter Psychedelik mäandernd – als würden Electric Wizard die PS ihrer Routine diesmal einfach nicht aus dem Quark bekommen.
Es fehlt Wizard Bloody Wizard einfach am nötigen Biss, an der unbedingten Energie, die Band steht jeder aufkommenden Inspiration mit phlegmatischer Bequemlichkeit entgegen. Als Fan kann man zwar nichtsdestotrotz seinen Spaß mit dem souverän die Discografie erweiternden Wizard Bloody Wizard haben, weil die versammelten 44 Minuten natürlich noch immer noch eine höhere Trefferquote haben, als ein Gros der Genre-Konkurrenz. Allerdings muss man sich dabei doch erstmals eingestehen, dass die Dinge mit Electric Wizard zumindest auf Tonträger langsam aber sicher doch ein wenig ermüdend zu werden drohen.
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