Electric Wizard – Time to Die
Jus Osborn und Co. haben natürlich keinen Grund dafür, ihren heavy dahinkriechenden Ursuppen-Trademark-Doom großartig zu überdenken, aber dennoch begriffen, an welchen Stellen sie ihn mit anders gewichteten Zutaten neu anrühren müssen, um die Sackgassenmomente von ‚Black Masses‚ niederzuringen.
Es sind nur kleine Kniffe, die Electric Wizard im Finetuning ihres unvergleichbaren Sounds vornehmen, die sich aber merklich im Gesamtcharakter der Platte niederschlagen und ‚Time to Die‚ zum kohärentesten Album der Engländer seit zumindest ‚Witchcult Today‚ machen. An der Oberfläche hat sich dabei auf den ersten Blick kaum etwas geändert – Electric Wizard spielen ihr Gebräu aus Katerpillar-Grooves, stoisch malmenden Monsterriffs, diabolisch verwaschenen Gekreine und eingestreuten Sprachsamples wie immer knackig ohne Hast und mit mehr Gewicht auf jedem psychedelisch-dunkel bohrenden Ton, als eine halbwegs seriöse Verstärkerarmee überhaupt aushalten sollte – spätestens an den Ausläufern des formidablen Openers ‚Incense for the Damned‚ (marschierende Drums gebären eine fiese Gitarrenfigur, quält sich da die Einmarschhymne des bösesten Boxers aller Zeiten zu einem catchy haluzinierenden Gaspedal-Finale?) schält sich jedoch die Erkenntnis hervor, dass das Quartett den Teufel im Detail feiert und wieder eine andere Auffassung vom Umgang mit Melodien gefunden hat. Electric Wizard forcieren die Widerhaken ihrer Songs nicht mehr mit plumpen Catchphrases und frontaler Aufdringlichkeit, sondern weben die aus den Untiefen der Ihrer Wasserpfeifen kriechenden Hooklines ungezwungener in den dynamisch walzenden, vor giftigem Fuzz förmlich triefenden Sound.
Das führt einerseits zu einem weitaus stimmigeren Albumfluss als zuletzt – ‚Time To Die‚ könnte auch als 68 minütiger, durchgehender Jamrausch durchgehen, ist durch und durch eine Einheit – und andererseits dazu, dass sich die durchaus vorhandenen kompakten Momente weniger fremdkörperartig aus der zähen Masse hervorheben können: der Titelsong schiebt regelrecht leichtfüßig immer wieder eine schmissige Gitarre aufs Podest und ist der Ohrwurm, den die Band auf ‚Black Masses‚ mit der Brechstange forcieren wollte; das polarisierende ‚SadioWitch‚ brettert in seiner Retroausrichtung zu den Nahverwandten Uncle Acid and The Deadbeats: nicht die schlechteste Idee, um den Laden durchzulüften. ‚We Love The Dead‚ verbiegt die Eingeweide dann vor dichtem Räucherstäbchennebel, das rockige ‚Funeral of Your Mind‚ ist für den Highway maßgeschneidert, der Soundbrei ‚Destroy Those Who Love God‚ hat zumindest einen der Songtitel des Jahres – und einen wirklichen Ausfall findet man hier ohnedies nicht. Immer wieder wirkt das zudem, als hätte sich die Band anhand von ‚Come My Fanatics….‚ selbst die Schwachstellen von ‚Black Masses‚ vor Ohren geführt und diese in einem paralellen Zeitstrang korrigiert.
Zwar mag ‚Time to Die‚ in Summe der eine oder andere wirklich sprachlos machende Ausnahmesong fehlen – nein, niemand verlangt, dass die Band noch einmal eine unsterbliche Jahrhundertnummern wie ‚Funeralopolis‚ schreiben muss – um Studioalbum Nummer 8 auf ein Level mit den stärksten Werken der Szenekönige zu hieven, was dann aber alleine der nackenmuskelaushebende, kolossartige und mächtige Flow der Platte ohnedies nahezu vergessen macht. Wenn das orgelschwanger vibrierende Schlussstück ‚Saturn Dethroned‚ sich im Abgang zudem an ‚Vinum Sabbathi‚ erinnert, dann ist das kein künstlich überhöhter Bogen, der da gespannt wird: ‚Time to Die‚ könnte durchaus die nötige Frischzellenkur sein, die den zweiten Frühling der Band einläutet.
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