Editors – Black Gold
Bevor sich die Editors nach den Blanck Mass-Sessions und einem frustrierend veröffentlichten Benefiz-Livealbum mit Black Gold: Best of Editors weiterhin um pure Vergangenheitsbewältigung bemühen, gibt es zwei neue Songs der anstehenden Compilation als separate Single.
Das ist nur auf den ersten Blick (finanz)freundlich für all jene, die das kommende Sammelsurium nicht zu den regulären Studioalben ins Regal stellen wollen, aber songtechnisch dennoch keine Leerstellen in der Sammlung wollen: Black Gold: Best of Editors wird neben dem titelspendenden Stück sowie Frankenstein ja auch noch eine dritte bisher unveröffentlichte Nummer namens Upside Down beinhalten, die nun aber nicht auf dieser vorausgeschickten Single zu finden ist. Dass die Doppel CD-Variante zudem sieben bereits bekannte Nummern im Acoustic-Gewand parat haben wird und alle Bestellungen im offiziellen Store auch noch mit den zusätzlichen The Snowfield Demos (acht Songs aus der Zeit vor dem Debüt) bestückt werden, kreiert dann selbst für treue Anhänger doch wieder einen gewissen Konsumzwang.
Wie viele sich bedingungslos über ein weiteres Kapitel in der Geschichte der Editors freuen werden, das primär vorführt, wie weit die Interessen und Ziele der Briten sich mittlerweile von ihren Kernkompetenzen und Stärken entfernt haben, sei dahingestellt.
Unter der Produktion von Jacknife Lee gehen Black Gold und Frankenstein sogar beiderseits noch einen Schritt weiter als bisher, sind konsequent in Ausführung und Auftreten, was die Dancefloor-Ausprägung der elektronischen Seite der Editors angeht: Beide Nummern legen konzentrierten Wert auf tanzbare Beats, bisweilen verfremdete Vocals, funkelnde Effekte, wuchtiges Synthies, eben eine immanente Clubtauglichkeit mit feierndem Endorphinausstoß vor düsterer Rückraumbeleuchtung – aber kaum auf emotional tiefgehendes Songwriting. Dieser Electropop kennt vielleicht Depeche Mode, aber nicht dere Seele.
Das gemeinsam mit Andy Burrows verfasste Black Gold fusioniert dafür die rhythmisch inzwischen typisch düster schiebende, epochale Hydraulik-Schwere und entschleunigt antreibende Beweglichkeit mit fiependen Verzierungen sowie verfremdeten Elementen über das Händchen der Band für eingängige Melodien, bleibt aber eine catchy vordergründige Ästhetik mit Synth-Geste und nebensächlichem Formatradio-Charakter. Der Songs geht ins Ohr und bleibt dort durchaus sitzen, schleppt sich auf emotionaler Ebene jedoch ohne Impact in eine stilistische Austauschbarkeit, die einzig durch das unverkennbare Organ von Tom Smith Charakter in der okayen Langeweile zeigt. Die später noch angehängte ausführlichere Version der Nummer ist insofern nur bedingt erfreulicher, als der kompaktere (Edit).
Das flotter stampfende Frankenstein erforscht den House-Bouncer, bis der Refrain die Grenzen zum EBM/EDM endgültig überschreitet, den Hintergrund mit Keyboardverzierungen zukleistert, aber sich im Grunde melodisch nur durch die groteske Verrenkung festsetzt. Der Kontrast zwischen bedeutungsschwer pumpender Strophe und ausgelassenem „Hände hoch!“-Party Refrain und „Down with the freaks/ Won’t you dance like a monster with me?/ Like a boss this goes… off“-Aufforderung ist spätestens dann an der Toleranzgrenze, wenn der dramatisch gemeinte Trash-Song mit viereinhalb Minuten einfach viel zu lange dauert und das zumindest solide Black Gold abwertet.
Und sicher müssen die Editors all diese Ambitionen aus einer unfaireren Position heraus verfolgen, wenn man knapp 14 Jahre nach dem Debüt immer noch die ersten drei Alben als alleinige Referenz und Messlatte heranzieht. Aber bei aller Entwicklungsliebe agiert das Quintett einfach so derartig brachial mit dem Vorschlaghammer, so dass ohne die markante Stimmung nur eine am Reißbrett konstruierte Design-Anbiederung und oberflächliche Stangenware ohne Herz bleibt, die mit viel Wohlwollen nur noch zur Party-Hintergrundbeschallung taugt. Deswegen muss man sich schon fragen, ob das kommende Best of nicht ein idealer Zeitpunkt wäre, um sich über diese Diskografie-Zäsur einzugestehen, dass die Editors einen eigentlich schon lange ein ganzes Stück weit verloren haben.
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