East India Youth – Culture of Volume
Als William Doyle im vergangenen Jahr sein East India Youth-Debütalbum vorlegte, konnte man die Unentschlossenheit in seinem mäanderndem, aber einnehmendem Songwriting noch dem Fakt zuschreiben, dass der Engländer erst kurz davor in die elektronischen Landschaften übersiedelt war.
Das Zweitwerk ‚Culture of Volume‚ korrigiert diesen Ersteindruck nun, indem es das ziellose Wandern sowie das stete Umgehen eines couragierter gesetzten Fokus zum offenbar grundsätzlichen Modus Operandi der mittlerweile zu XL Recordings übersiedelten East India Youth ausbaut und viele der Überraschungsmomente des Vorgängers zu wiederholen versucht.
Die eklektische Faszination von ‚Total Strife Forever‚ tritt nun zwar im allgemeinen hinter eine stärker forcierte, überraschungsarme Zugänglichkeit – Doyle lässt es sich jedoch nicht nehmen (mutmaßlich um für einen konzeptuellen Überbau im Durcheinander zu sorgen) abermals zahlreiche instrumentale Wanderungen zu servieren, nicht nur in den langsam ausfadenden Enden einzelnder Kompositionen: ‚The Juddering‚ eröffnet etwa als flirrendes Electro-Intro, das hämmernde ‚Entirety‚ arbeitet (im Kontext bezeichnenderweise arg unmotiviert) mit lupenreinen Techno-Anleihen, ‚Montage Resolution‚ entlässt mit Ambient-Ambitionen eindruckslos in die Nacht.
Was man ‚Culture of Volume‚ dabei zugute halten muss ist, dass es als Album schlüssiger und stringenter wirkt als ‚Total Strife Forever‚. Sei es nur, weil Doyle seinen ausdrucksarmen Gesang als Bindeglied zwischen den lose verankerten Ideen präsenter ausbreitet, oder auf Kosten der Tatsache, dass die zu oft zwangslos bleibenden Versuchsanordnungen zwischen unausgearbeiteten Song und zerfahrenem Track-Gebilde einzeln betrachtet bis auf wenige Ausnahmen kaum eine relevante Sogwirkung erzeugen können.
Gleichzeitig hat Doyle offenbar jedoch erkannt, dass ihm die klarer ausgearbeiteten Popmomente wie schon am Vorgänger besser stehen – sie zünden nun zumeist auch unmittelbarer als die bisweilen uninspirierten Experimetiergedanken auf ‚Culture of Volume‚, wenngleich sie ihn im Umkehrschluss deutlicher denn je als leidlich talentierteren Songwriter entlarven.
‚End Result‚ schmiegt sich nun also mit schleppendem Schlagzeug und traumwandelnder Stimmung in Grauzonen, die Radiohead und Archive längst abgegrast haben, skizziert aber hinten raus eine durchaus verlockende, dramatisch gemeinte Dunkelheit. ‚Beaming White‚ schielt stilbewusst in die 80er und holt die Pet Shop Boys mit nervig-simpler Melodiefolge auf die Tanzfläche, während ‚Turn Away‚ erst wie eine enorm vielversprechende Depeche Mode-Rückkehr klingt, dann aber doch lieber als immer flotter werdendes Synthie-Märches sehr viel richtig macht. ‚Hearts That Never‚ betrachtet die Clubkultur hingegen aus der Perspektive der Friendly Fires, wirkt hinter seinem Bestreben hymnisch zu werden aber soundtechnisch irritierend rückständig.
Bevor das Interesse schleichend in der soliden Gefälligkeit zu schwinden droht, zeigt Doyle dann doch noch mit einem waschechten Triumphirat auf: ‚Carousel‚ verneigt sich voller Sehnsucht inmitten weitläufiger Keyboardflächen vor Brian Eno und Talk Talk und taucht danach in gleißende Soundschichten ab; ‚Don’t Look Backwards‚ hätte der letzten Thom Yorke-Soloplatte ‚Tomorrow’s Modern Boxes‚ nicht geschadet und von einem achtsam vorantastenden Gebilde wie dem 10 minütigen ‚Manner of Words‚ hätte Martin Gore auf ‚Delta Machine‚ zuletzt nur träumen können.
Die vereinzelten, wirklich großen Szenen, sie gelingen East India Youth also abermals, bleiben aber mehr denn je die Ausnahme von der Regel. Album Nummer Drei wird dann wohl endgültig zeigen, ob sie nicht sogar nur Zufallsprodukte sind.
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