Earl Sweatshirt – Some Rap Songs
Wird sich Earl Sweatshirt nach seinem exemplarischen Gastauftritt bei Kumpel Vince Staples gedacht haben: Im Jahr 2018 kommt man locker mit einer superkurzen, losen Sammlung wie Some Rap Songs als regulär geführtem Album durch. Und Recht hat er, irgendwie.
Wobei die Definition des Materials auf der offiziell vierten Studioplatte des 24 Jährigen wohl grundlegend falsch ist. Viel eher handelt es sich bei den hinter betont hingerotzten Titel und verwaschenen Artwork über 25 Minuten versammelten 15 Tracks rein musikalisch um lose Fragmente und Skizzen, die Earl Sweatshirt alleine durch seinen uninteressiert-spannungslos murmelnden Vortrag (der exzellent mit den Madlib-tauglichen Beats harmonieren) und die dabei entstehende Stimmung zusammenhält.
Letztendlich wird Some Rap Songs trotz des auf die Spitze getriebenen Clusterfuck-Charakters des Kaliforniers jedoch eine durchaus kohärente Angelegenheit sein, die ganz bewusst auf jedwede Präzision in der Ausführung oder kompositorische Prägnanz zugunsten einer so unangestrengten wie unverbindlichen Ästhetik verzichtet. Und damit gleichzeitig den Zeitgeist rund um Cloud Rap-Trends und hippe Trap-Banalitäten adäquater attackiert, als sonst jemand, wie sich Some Rap Songs dabei mit seinem depressiv-kaputten Charakter auch jedwedes konventionellen Traditionsbewusstseins widersetzt.
Vor allem ist das Sammelsurium so ein radikales Statement geworden, das die Entwicklung von Earl Sweatshirt kompromisslos und systematisch weiterdenkt. Some Rap Songs ist sperrig, experimentell, verquer, kantig und mit viel Eigenwilligkeit zerschossen. Mit zahlreichen brillanten Zeilen enorm eigenwillig, artikuliert es den abstrakten Dekonstruktivismus seines Wesens mit einer davon ausgehenden reizvollen Faszination und Tiefe, die in den knapp angerissenen Ideen eher durch Kontraste wie den Cut zwischen einem pianogetragenen December 24 und dem mit schleppender R&B-Gitarre der Soul Superiors laufenden Ontheway! hängen bleibende Momentaufnahmen liefert.
Catchy Hooks oder zugängliche Melodien existieren auf Some Rap Songs schließlich nicht. Stattdessen baut jede Nummer auf sedativ dösende Loops, Glitch Hop, psychedelische Zeitlupeneffekte aus der Vergangenheit und einen produktionstechnisch unfokusierten LoFi-Sound, der delirant stacksend mit abgeschnitten-repetitiver Monotonie ein entrücktes Jazz-Feeling aus der Perspektive eines Oldschool-Wu Tang-Vibes evoziert: Ein Kaleidoskop, ungeschönt in seinem Wesen und pur in seiner Botschaft.
Freilich funktionieren die Nummern derart veranlagt jedoch nur im geschlossenen Wesen der Platte und am Stück, vielleicht sogar sowieso nur im Kontext der Diskografie des Thebe Neruda Kgositsile. Was für ein auch so zwischen allen Stühlen sitzendes Unikat aber wohl nur zu gut passt.
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