Earl Sweatshirt – Feet of Clay
Nur 10 Minuten kürzer als Some Rap Songs ist Feet of Clay nominell dann diesmal auch wirklich nur eine EP geworden. Die setzt den Weg des nur marginal größeren Albumbruders von 2018 aber ansatzlos fort.
Auch wenn die Grundstimmung noch einmal eine Nuance dunkler geworden ist, scheint Thebe Neruda Kgositsile alias Earl Sweatshirt seinen Stil (zumindest vorerst) gefunden zu haben und stürzt sich abermals in eine psychotische Collage enorm kurzer und impulsiv brütender Tracks, die wie kaum detailliert ausgearbeitet Momentaufnahmen in beklemmender Atmosphäre des abstrakten Existentialismus verschwimmen: „Feet of Clay is a collection of observations and feelings recorded during the death throes of a crumbling empire“ erklärt Kgositsile und kündigt für die Zeit nach dem mit Some Rap Songs erledigten Deal mit Columbia eigentlich spannendes an: „I’m excited to be free because then I can do riskier shit.“
Wirklich riskier ist Feet of Clay mit Ausnahme von East aber nicht geworden – dafür baut Earl im polarisierenden Scenestealer nur auf ein klaustrophobisches Sample aus kirmesartigem Akkordeon-Wellengang im schillernden Horrormodus, der in seiner konsequent schunkelnden Monotonie auf jeden Beat verzichtet und am Ende kurz stolpert, wenn der 25 Jährige über Verluste – Freundin, Großmutter und natürlich der Vater – und den abgründigen Umgang mit Alkohol sinniert.
Der kompromisslose Track ist dann auch der definitive Aufhänger der Platte, der das restliche Material als reinen Appendix zu Some Rap Songs quasi essentiell und am nachhaltigsten (im positiven wie auch am nervenden Territorium entlangschrammend negativen) hängen bleibend trägt. Sonst gibt sich Feet of Clay schließlich einer weniger konsistenten und qualitativ wechselweise zerfahrener auftretenden direkten Fortsetzung des großen Albumbruders hin – und fährt zu weiten Teilen gut damit. Es stellt sich schließlich ein ähnliches Suchtpotential ein, wie vor einem Jahr.
74 nutzt ein dichtes Lo Fi-Piano-Sample um halluzinogen und dröge zu verschwimmen, einen pessimistisch und finster im dickflüssigen Groove im untergehenden Mahlstrom anzurühren.
Mtomb ist danach eine geradezu gelöste Depressions-Entspannung über die dösende Soul-Anlehnung – mit Liv.E auf der Gästeliste, Alchemist als superb-kongenialen Produzenten und dem Wortspiel im Titel wegen der Nutzung von Theme (For the People) (Opening) der 70s Funker Mtume.
Das desorientierte OD mäandert mit ausgeleierten Bläsern im Soul, bevor El Toro Combo Meal diesen Ansatz mit Mavi und dem Blick zurück auf Earls altes Ich besser ausformuliert, nostalgische Chöre auf eine fast gehetzte Performance treffen lässt. Am besten ist Feet of Clay dann eben doch, wenn externe Produzenten (hier: ovrkast.) für frische Impulse sorgen dürfen.
Vielleicht ist der aktuelle Veröffentlichungsstrom von Sweatshirt aber ungeachtet seiner Release-Formen jedoch ohnedies viel mehr in einem ganzheitlichen, übergeordneten Kontext zu verstehen, der konventionelle Konturen negiert und primär ziemlich faszinierend als spontan-ungeordnetes Spiegelbild einer Lebensphase funktioniert, das das episodenhafte Momentum über schlüssige Spannungsbögen stellt.
Kommentieren