Dylan Carlson & Lori Goldston – Feral Angel
Noch asketischer, strukturoffener und ja, auch mäandernder als reguläre Earth– oder seine Solo-Alben: Dylan Carslon und Lori Goldston erweisen Geneviève Castrée mit dem improvisierten Drone-Western Feral Angel ihren Respekt.
Daher sich Gefühle rund um trauernde Verluste oft schwer in konkreten Formen artikulieren lassen wollen, macht die betont weitläufige, in unendlich geduldiger Suche und ohne tatsächliches Ziel schwelgende Gangart der versammelten 48 Minuten sicherlich Sinn – sie macht Feral Angel aber zu keiner gelungeneren, oder leider auch nur interessanteren Platte.
„Recorded in Seattle at the Chapel Performance Space, in memory of our friend Geneviève Castrée“ sind die drei überlangen Instrumentalstücke als fatalistische Werke schließlich nur exakt entlang der Erwartungshaltung wandernde Nummern geworden, deren Grad an Inspiration abseits der ehrbaren Intention leider relativ überschaubar bleibt: Feral Angel stellt keine essentielle Bereicherung für das Werk von Carlson, der hier doch merklich der die Ästhetik vorwegnehmende Part des Duos ist, dar, während Goldston unlängst ja erst eine fokussiertere Verneigung vor Castrée geboten hat.
Feral Angel fühlt sich so trotz allem doch auch ein Stück weit wie die Fortsetzung von (dem rückblickend doch recht schnell vergessenen) Full Upon Her Burning Lips an, zumindest was das gewisse, auf formelhafter Schiene laufende Wesen der Platte angeht, obwohl sich Carlson hier weiter denn je von archetypischen Songwriting-Ansätzen entfernt.
The Snowy Owl in the Parking Lot baut auf eine leicht dissonante, aber so durch und durch überraschungsarme, absolut typische Carlson-Gitarrenlinie, das bauchige Cello steht eher hinter den Spitzen des elektrifizierten Saiteninstrumentes, das im mäandernden Suchen immer wieder ein simples 2-Ton-Muster wiederholt. Die beiden Parteien improvisieren nebeneinander her, zwanglos, plätschern zwischen Avantgarde und Drone, irgendwann hypnotisiert das eigentlich wenig spannende kaum innovative und standardisierte Spiel zumindest sedativ.
Doch 21 Minuten Spielzeit sind hier, im längsten Stück des Reigens, definitiv zu ausführlich – für die Substanz zumal. Zwar holt die Melange abonnierte Fans der Seattle-Legende sicher ab – doch schließt sie diese dann nicht in den gedankenverlorenen Rausch mit ein, lässt sie als latent teilnahmslos bleiben müssenden Beobachter außen vor, und führt vor allem nirgendwohin. Als würden Carlson und (die doch fesselnder agierendere) Goldson nur für sich spielen, jeder auf eigene Faust, ohne Masterplan oder zumindest vage Skizze.
Kompakter gehalten funktioniert die Synergie jedoch weitaus stimmiger. In Chrystalline and Earthy nähern sich die beiden Parteien an, kommunizieren miteinander, arbeiten merklicher im Einklang. Dylan wirkt weiterhin limitiert, das schon, verstärkt jedoch die Wirkung seines Spiels durch die Bildsprache seiner soghafter-repetitive Muster, die Goldstone als Katalysator durch eine imaginativer Weite auffächert. Sie spielt verwegen und fiebrig, als hätte sie ein besonders dunkles, ungemütlich quietschendes Blasinstrument in den Armen. Vielschichtig, herausfordernd, jenseits der reinen Komfortzone.
Im unrunden Wogen von Enough Trouble, der deutlich griffigsten Nummern, wirkt das Gespann dann gar gelöst, es kommt eine regelrecht (post)rockige Lockerheit auf, man lässt sich fallen, taucht ab, liebäugelt mit der Psychedelik. Destilliert auf seine besten Phasen hätte Feral Angel also zu einem mindestens guten Standard-Trip selektiert werden können, einem Fanpleaser sicherlich (und auch so gilt: In der richtigen Stimmung ließe sich dann doch eigentlich noch ein Pünktchen finden). Die Summe des letztendlichen Gesamtwerkes aber lässt es zumindest vernünftig erscheinen, dass die Vinylversion der Kooperation auf nur 400 Exemplare limitiert veröffentlicht wird.
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