Duke Garwood – Garden of Ashes
„Lets make a Deal/ Double or Nothing“ schlägt Duke Garwood gleich im eröffnenden Klapperschlangen-Blues Coldblooded vor, während sich elegische Chöre irgendwo zwischen beschwörendem Wüsten-Soul und entschleunigt-dösender Who Are You?-Trance um seine wettergegerbte Stimme legen – und damit gleich Eingangs vorführen, dass der englische Multi-Instrumentalist seinen Sound 2016 in eine wärmere Schönheit bettet.
Dass die Welt in Zeiten wie diesen ein wenig mehr Sonnenschein vertragen kann ist selbst dem wütenden 48 Jährigen bewusst: „I am an angry man; so angry I burn myself. So angry I heat up the air around me. This is the nuclear fuel I use to make music. (…)“ Doch für sein sechstes Soloalbum hätten sich die Vorzeichen geändert: „This album is about midnight in the garden of love. The garden of good and evil. The garden of paradise that we know is being destroyed to satisfy the greedy money people. It’s all burned down. We burned it to ashes.(…) I was inspired to follow Heavy Love with a warm bath of honey for the soul. It’s a stare down to the beast of hate trying to take over our garden. Time for Man to be the beautiful warrior and stand up for his loves. (…) I make beautiful music, because we don’t need angry music right now. Everyone can turn on the TV and see the horror show, they don’t need to hear it coming out the stereo. I’m trying to distil this frustrating feeling we all have right now into something more focused.”
Wo Garden of Ashes stilistisch also einerseits nahtlos beim hervorragenden, den Durchbruch bescherenden Vorgänger von 2015 ansetzt, lüftet Garwood den Sound, die fabelhafte Produktion und die ziselierten Arrangements nun also merklich durch – lässt mehr Farbe, Hoffnung und Wärme in vage bleibenden, aber weicher inszenierten Sühne-Kompositionen fließen, die weiterhin aus trocken den Besen schwingenden, perkussiven Rhythmusgerüsten sowie offen knarzenden und bratzenden Gitarrenstrukturen bestehen, eigenwillig strukturoffen vibrierende Blues-Skelette voller Melancholie und Trauer darstellen, die mit rauhem Timbre sinnierend in einer dunklen, rauchigen Atmosphäre köchelnd erst nach und nach ihre Konturen in der psychedelisch hypnotisierenden Voodoo-Mediation zu erkennen geben.
Im so subtil wie sinnlich groovenden Sonny Boogie arbeiten die Drums aufgeweckt tänzelnd und die weiblichen Backgroundstimmen schweben erhebend, beschwören ein unwirkliches Gebräu. „It’s like the sun moved to a better world“ – und irgendwann verschwindet auch Garwood selbst aus dem zyklischen Song, während dieser sich zeitlos weiterdreht. Da darf man durchaus an die Größe eines Nick Cave denken, bevor Blue den reverbschwangeren Kreuzweg von Leonard Cohen zu Mark Lanegan beschreitet.
Nachdem Garwood in dieser zuversichtlich entgegenkommenden Anfangsphase der Platte – ohne als Songwriter tatsächlich konkreter oder griffiger aufzutreten! – dem Hörer zugänglicher als bisher die Hand reicht um in seine Welt zieht, breitet der Garden of Ashes seine Räume exzentrischer aus, schickt einen Reigen aus suchenden Stücken hinterer, die auch ohne konkrete Ziele stets die Schönheit im Niedergang finden. Das so stille Days Gone Old tröstet insofern ohne Hast, die gezupfte Miniatur Sing to the Sky schmiegt sich an die stimmungsvollen Gitarrenreduktionen von Gustavo Santaolalla. Nicht nur im gefühlvoll treibenden Titelsong finden sich zudem so unheimlich viele Facetten und Nuancen im Detail, die sich erst in Summe zu einem synergetischen, mystisch-betörenden Gesamtgefüge ergänzen – was natürlich Zeit zu wachsen benötigt und sein fesselndes Ambiente nicht ohne ein gewisses Entgegenkommen entfaltet.
Abermals ist Garwoods Musik nämlich primär ein idealer Katalysator für das Kopfkino, ein emotionaler Rückzugspunkt und der immaginative Soundtrack für Momente abseits des Alltags. Im Umkehrschluss findet der zurückgenommen pulsierende Lovesong Heat Us Down seinen Frieden so auch in einer sterbenden Welt, und Hard Dreams schleppt sich mit aller Last der Menschheit auf den Schultern dem Morgen entgegen.
Im jazzigen Vibe von Move On Softly versteckt sich irgendwo aufbegehrender Southern Rock, der sich immer wieder aus den Konturen schält und wie auch das erhaben-staubige Grandezza-Schlaflied Sleep ohne Zwang brodeln darf – Garwood schreibt entlang seiner gleichzeitig resignierenden und tröstenden Stimme hier schließlich deutlicher denn je jene wundervolle (vielleicht sogar optimistische) Kleinode im Spannungsfeld von Josh T. Pearson und Bill Callahan, die jeden Schmerz lindern können. Oder nach wahrer: „This record is fantasy music. Beautiful apocalypse love music, it doesn’t hide from reality, but it could hide the listener from it all for a while.”
Geradezu unscheinbar breiten die zeitlosen 43 Minuten also ihre kaum greifbare Magie aus, säen ihr Suchtpotential im Unterbewusstsein und machen es doch nur bereits bekehrten Anhängern des Londoners einfach.
„Lets make a Deal/ Double or Nothing“ geht Garwood im den Kreis schließenden Da Capo-Finales Coldblooded The Return all in, das die Motive des Openers noch einmal in die Breite trägt. Ganz so polarisierend zwischen den Extremen pendelt Garden of Ashes letztendlich allerdings nicht, sondern variiert eher mit feiner Klinge den Klangkosmos des Ausnahmemusikers. Einigen wir uns also darauf: Wer Garwood schon bisher verfallen war, wird ihm mit Garden of Ashes noch anstandsloser hörig bleiben.
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