Drug Couple – Stoned Weekend
Knapp zwei Jahre, nachdem Miles und Becca Robinson dem Big Apple und Brooklyn den Rücken gekehrt haben, um im ländlichen Vermont ein neues Leben zu beginnen, hat das Drug Couple sein Debütalbum Stoned Weekend aufgenommen.
Miles Benjamin Anthony Robinsons zwei Soloalben waren trotz einer fast ikonischen Präsenz des Musikers nie Alleingänge. Das bis heute nichts von seiner Meisterwerk-Ausstrahlung verlorene selbstbetitelte Debüt des heute 39 jährigen wäre etwa ohne Mithilfe von Grizzly Bear– und TV on The Radio-Kumpels wohl undenkbar gewesen, das immer noch sehr gute Zweitwerk Summer of Fear konnte sich weiterhin auf die Expertise von Kyp Malone verlassen.
Trotzdem war es zugegebenermaßen zumindest ungewohnt, den plötzlich verschwundenen Robinson nach seiner ebenso plötzlichen Rückkehr in das Musikbusiness (über den Umweg von Gelegenheitsjobs als Tischler, das niemals Form annehmende Alias Jesus Jackson und als technische Kompetenz im Hintergrund) nur noch im Gespann mit Becca Chodorkoff – und damit in Lebensfreude anstelle eines schroffen, polternden Schmerzes – hören zu können, die auf persönlicher und kreativer Ebene untrennbar mit dem weiteren Schaffen des Mannes aus Oregon verbunden wurde.
Gerade auch, weil die Zusammenarbeit auf den ersten Gehversuchen selbst mit wohlwollendem Fanblick betrachtet zu harmlos mit der Rosa Brille agierte: Das Projekt brauchte merklich Luft zum Atmen und Perspektiven abseits der ständigen Wohlfühlzone.
Insofern haben die vergangenen zwei Jahre samt dem Ortswechsel nach Vermont (und der einhergehenden Gründung des eigenen Freelandia Studios) dem Paar merklich gut getan. Man hat sich Zeit und Raum genommen, Schwerpunkte neu gesetzt, den stilistischen Charakter eigenwilliger gestärkt, und das ästhetische Profil individuell geschärft.
Der weiterhin als Duett-Spielwiese angelegte Indie zeigt nun manchmal eine zaghafte Elbogentechnik, hat zumindest ansatzweise Ecken und Kanten bekommen, wo sich zuletzt alleine der gefühlsduselig verliebte Komfortbereich in Richtung Gefälligkeit verabschiedete, und die Spurenelemente des Country und (Southern) Rock balancieren stärker konturiert im Amalgam. Vor allem hat sich die Dynamik verschoben, die beiden Eheleute hocken stimmlich nicht mehr krampfhaft aufeinander: Miles ist über weite Strecken der etwas dominantere Part am Mikrofon geworden – dafür strahlen Beccas Momente im Rampenlicht mittlerweile heller denn je und heben Stoned Weekend als Highlights der Platte einen Level höher.
Das schön kontemplativ und atmosphärisch schippernde Little Do I Know gibt sich mit Percussion, Klavier und bluesigen Zeitlupe-Saiten etwa bittersüße imaginativ. Der Pop bleibt das Narrativ, doch steht die Formoffenheit dem Drug Couple hervorragend – spätestens wenn die Gitarre in den ambienten Drone heult, als hätte man es mit herzigen Boris zu tun. Das kontemplativ plätschernde Blue Water ist ein feines Schaulaufen für Becca, bis Miles das Tempo anzieht und der Song plötzlich kraftvoller aufregend eine schöne Entwicklung durchmacht. Und am stärksten ist ohnedies die Quasi-Solonummer Wyld Chyld, deren ambienter Pop seinen knochigen Country-Blues leicht avantgardistisch die subversive Spannung aufkochen lässt.
Nichtsdestotrotz haben die beiden Robinsons (mit der Hilfe von Pastor Greg Faison an den Drums und sporadischer Unterstützung von Danny Meyer an Saxophon und Piano sowie Travis Rosenberg an der Pedal Steel) kein makelloses Album aufgenommen.
Ohne tatsächlichen Ausfall, aber zu seltene Amplituden nach oben zeigend, klingen einige Passagen von Stoned Weekend nach Kompromissen, die zwar mehr Reibung, aber immer noch kein wirklich aufreibend intensives Konfliktpotential zulassen. Vor allem aber erweisen sich die Songtexte des Duos (gerade in Anbetracht der mitunter brillanten bisherigen Werke von Miles Robinson) als relativ banal und wenig tiefsinnig.
Gleich im eröffnenden Titelsong, der diffus aus der schillernde Psychedelik in den Alt Country hochfährt, und in dem man sich durch die Stimme von Miles sofort geborgen fühlt, heißt es etwa: „Spend my whole life stoned“, doch feiert der Musiker dann aber trotzdem das titelstiftende Stoner-Wochenende zu zweit nochmal explizit als etwas besonderes: „Stoned weekend/ It’s happening for me/ Stoned weekend/ I hope it never ends“. Die tollen Arrangements dürfen dazu mit Mundharmonika und einer generell starken Produktion schrullig und organisch wandern, umkreisen einen solch hartnäckigen Instant-Ohrwurm, dass das Drug Couple diese unheimlich charmant dargebotene Hit-Hook später auch als klammernden Closer verwendet – auch wenn man sich in Still Stoned am Refrain irgendwann wirklich mehr als satt gehört hat.
Dazwischen passiert vieles unverbindlicher – und freilich nicht alles auf lyrisch vermeintlichem Afroman-Niveau.
Missed Our Chance ist beschwingter Poprock mit shoegazenden Americana-Gitarren und erdigen Drums. Die Bridge alleine zeigt, wie viel entspannter die zwei Bandkollegen und Eheleute mittlerweile alles fließen lassen. Das folkrockige Lemon Trees ist entspannt verträumt, sehnsüchtig gefällig und durch Becca schlichtweg angenehm, während das sehr simple Linda’s Tripp die Verstärker bratzender aufdreht, und auch das zwanglos aus der Hüfte kommende Our December die Schrauben enger stellt – aber nicht über die anvisierte Attitüde des Noiserock hinaus, nachdem Ben & Bongo (tja!) relaxt schunkelt, eingängig und ein bisschen egal.
Das volle Potential der an diesem Stoned Weekend geöffneten Palette schöpfen Becca und Miles schließlich niemals aus, doch ist die Entfaltung dieser Band niemals offenkundiger gewesen, als auf diesem Album, das sich tatsächlich wie ein Startschuß in die zweite Karriere des Miles Benjamin Anthony Robinson anfühlt. Eine zweite Chanve gar, bei der man inzwischen gar nicht mehr auf die Idee kommen würde, dass sie als Alleingang wirklich funktionieren könnte.
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