Drayton Farley – Twenty on High
Nach Zach Bryan ist Drayton Farley wohl der nächste Konsens-Senkrechtstarter aus dem weiteren Einzugsgebiet des Americana und Country. Permanent denken muß man während Twenty On High allerdings an jemand anderen.
Produziert von 400 Unit-Musiker Sadler Vaden und (neben den Thirty Tigers als Backingband auch mit weiteren hochkarätigen Gästen wie Fiedlerin Kristin Weber, Peter Levin und Katie Crutchfield) deren Bassist Jimbo Hart sowie Drummer Chad Gamble aufwartend, ist es eigentlich unmöglich, dieses zweite Studioalbum ohne permanente Assoziationen zu Jason Isobel zu hören, der ästhetisch, inhaltlich und – am wichtigsten! – glücklicherweise auch qualitativ unverkennbar allgegenwärtig Pate für den Sound und das Songwriting von Farley stand.
Die Acoustic-Wege seiner ersten Karriere-Jahre rund um das Debüt A Hard Up Life degradieren (…) sich dennoch nicht zur relativen Aufwärm-Übung, da Twenty On High zumindest auf den letzten Metern mit dem sparsamer angelegten Kleinod All My Yesterdays Have als intime Reduktion (und Perspektivensuche, wo die Zukunftsaussichten vorerst tatsächlich ambivalent bleiben) tatsächlich schon noch auch zu dieser Ausrichtung zurückkehrt.
Abseits des durch die Direktheit seiner knackigen Rockigkeit beinahe ein klein wenig aus dem enorm homogenen (und mit 37 Minuten Gesamtspielzeit auch schön kompakt auf den Punkt gebrachten Album-) Rahmen fallenden, zumindest aber falsche Erwartungshaltungen geschürt habenden Vorab-Ohrwurms Norfolk Blues gibt sich Farley im gefühlvoll entspannten Americana jedoch vor allem der umsichtig arrangierten, sehnsüchtig unaufdringlichen Contenance der Melancholie hin, variiert das zurückhaltende Tempo und die stets bodenständig bescheiden bleibende Dynamik in ihrer anmutigen Melodik nur bedingt – mal geschmeidig und sanft unwillig akzentuiert wie im Sehnen nach der Einfachheit vergangener Tage des Openers Stop the Clock, dem ruhig und entspannt zurückgenommen auf einem souligen Orgel-Teppich ausgebreiteten Wasted Youth oder dem unumwunden angenehmen Titelstück; mal etwas flotter wie im weichen Fluß des von seinem Klavier bis ins Sternenhimmel-träumende Finale getragenen Above My Head oder dem mit einer am Saxofon sägenden Gitarre im Hintergrund salopp klimpernden Something Wrong (Inside My Head).
Devil’s in Nola lässt fast funky mit Wah Wah-Pedal und Streichern eine vage Sturgill-Ahnung zu und die erhebende Dramatik von How to Feel Again ist sogar für ein breites Stadion-Publikum adaptierbar, bevor The Alabama Moon als sentimentaler Epilog nach dem Feuerwerk symptomatisch für den feinen Spannungsbogen der Platte steht aber auch um das Quäntchen zu schmalzig aufträgt.
Während Farley (verständlicherweise) oft mit der Liebe und der Arbeitswelt abseits der Musik hadert, bleibt er dabei ohnedies stets etwas zu harmlos und tut niemandem weh, obgleich eine latent weniger dem potentiellen Pop und Alternative zugeneigte Produktion den Wurzel der Kompositionen mutmaßlich mehr Kanten und Charakter gegeben hätten. Aber gut: das kaum originäre Twenty On High mag keine subtile Verneigung sein, hat jedoch so oder so genug Substanz, um selbst jene Phasen der Platte, die mancher Purist als regelrechte Imitation deklarieren wird, mit einer rundum überzeugenden, unterhaltsamen und tiefgehenden Klasse zu stemmen.
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