Dover – Complications

von am 17. Februar 2015 in Album

Dover – Complications

Wären sie eventuell mal lieber bei den unangenehmen Electro-Ausflügen der letzten Alben geblieben: die Llanos-Schwestern haben nach knapp neun Jahren wieder Bock auf Rock, spielen ihren Poppunk aber mittlerweile mit einer bisweilen ärgerlich unverfänglichen Bubblegum-Note.

Dass die Spanier in ihrem Heimatland mit ‚Follow the City Lights‚ und den synthetischen Verwurstungen alter Schweißtreiber nach dem finanziellen Rohrkrepierer (und insgeheimen Discographie-Highlight) ‚The Flame‚ erst wieder an beachtenswerte Erfolge anknüpfen konnten, nur um mit dem kruden ‚I Ka Kené‚ in jeder Hinsicht eine Bruchlandung zu erleben, hat nun deutliche Spuren auf dem achten Studioalbum des Quartetts hinterlassen: ‚Complications‚ ist catchy wie nur was, sprintet mühelos von sonniger Hookline zu unbekümmerter Melodie, ist breitbeiniger Pop im Rockgewand. Das Gespür für eine unmittelbare Eingängigkeit war bei Amparo und Cristina Llanos vielleicht noch nie derart ausgeprägt, schon gar nicht, wenn Verstärkerwände an die Gitarren gekoppelt waren.

Allerdings auch nicht über derart weite Strecken auf einer derart unverfänglichen Belanglosigkeit erbaut: dem Songwriting fehlt  unter all der Singletauglichkeit der Biss, die rauen Ecken und Kanten sind vollends verschwunden, der Gesang von Amparo ist weich und abgeschliffen. Was früher rauchig, sexy und bittersüß rotzig werden konnte, ist nun austauschbar und entgegenkommend – beliebig im Radiofahrwasser wattend. Die Spanierin singt davon durch die Clubs zu ziehen und über den letzten miesen Typen hinwegzukommen, „Four to the Floor„, irgendwie muss man ja trotzdem die positive Stimmung behalten, weswegen viele „Ohohos“ und „Yeah-Yeah„s das locker ausgeschüttelte ‚Complications‚ durchziehen.
Eine Platte, die eine unkomplizierte Zeit vermitteln will, dabei aber vergisst nachhaltigen Eindruck zu hinterlassen. Dabei hat das Beinahe-Comeback der Poprocker Dover durchaus seine Momente: wenn ‚Crash‚ etwa versucht mit trendigen Sandalen in die Fußstapfen von Courtney Love zu treten und weitaus zwingender als jeder andere Song des Albums daran scheitert, die Lücke zu ‚The Flame‚ zu schließen. Die Akustikgitarren in ‚Sisters of Mercy‚ und ‚Like a Man‚ sorgen zumindest ansatzweise für Akzente und das schöne ‚Building a Fire‚ transportiert wie das fluffige ‚Tragedy‚ durchaus eine gewisse Grundniedlichkeit. Hinten raus zeigt die Band, dass sie theoretisch ja durchaus kann, was sie da tut und ‚Complications‚ letztendlich nicht so flach ist, wie es die Vorabsingle ‚Too Late‚ und die schwache Eingangsphase in Aussicht stellen.

Nach 10 Songs in 31 Minuten folgt dennoch der ungläubige Blick auf die Trackliste – war’s das etwa schon? Ja, das war’s. Dass in der Kürze die Würze liegt wissen Dover seit jeher – keiner ihrer Platten spielte dies aber derart in die Karten wie ‚Complications‚: Ein nett vorbeifliegender Singalong, der gar nicht notwendigerweise nach Plastik oder Kalkulation schmeckt und Herzblut geschickt imitiert wo Inspiration fehlt, dazu satte Ideen an seelenlos maßgeschneiderte Soundtracks für Spät-90er-Teenie-Romcoms weckt. Dass man sich mit jeder Minute eher mit dem aktuellen Zustand der Band abfindet und sich mit dem nicht ungeschickten Songmaterial zufrieden zu geben will (Hey, vielleicht funktioniert das ja im Sommer!) relativiert sich freilich, sobald man das Geschehen in Relation zu tatsächlich arschkickenden Songs der Band setzt und ‚Complications‚ unmittelbar wie ein gut gemeinter, aber von Drummer/Produzent Jesús Antúnez allzu hüftsteif inszenierter und handzahm agierender PR-Traum klingt. Was bleibt ist beinahe ausnahmslos die Erkenntnis: Ein Schritt in die richtige Richtung muss noch nicht zwangsweise zum wünschenswerten Ziel führen.

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