Doolhof – Doolhof
Doolhof sind ein für das Roadburn 2019 geborenes Projekt von Aaron Turner, MC Dälek und Audio/Visual-Artist Dennis Tyfus – ihre (nomen ist omen) labyrinthische Soundcollage aus Noise-, Drone-, Industrial-, Dark Ambient- und Spoken Word-Versatzstücken gibt es nun als Download via Sige Records.
Bisher hatte man ja den Eindruck, dass Turner abseits seiner Supergroup Projekte – Sumac, Split Cranium und zuletzt weniger deutlich auch Old Man Gloom – kein Interesse mehr daran hatte, seine eigentlichen Stärken auf Schaulauf zu schicken, dabei abseits des Post Metal und Sludge aber auch seine Talente verkennt, indem er sich als experimenteller Forscher und ästhetischer Struktur-Gegner in einer rein improvisationsintressierten Anti-Form verrennt – man denke nur an seine Exkursionen mit Haino, Brötzmann oder die Rahmen von Seminar VIII.
Auch Doolhof setzt – wie paradoxerweise auch die Soloalben des ehemaligen Isis-Bosses gefühltermaßen eher eine Neben-Spielwiese abseits des „Hauptwerkes“ – hier an, obwohl es sich bei dem Roadburn-Projekt gewissermaßen ebenso um ein Allstar-Aufgebot handelt, indem Turner sich und seine Interessen abermals den Händen von kreativen Nonkonformisten abseits der Breitenwahrnehmung reicht, diese die 50 Minuten diese Odyssee mit mehr Expertenwissen in essenziellere Bahnen lenken, als viele andere Auswüchse des Ambient-Fans: Doolhof sind ein konturloses Mäandern, das sich innerhalb seiner Genre-Formlosigkeit allerdings eine subversive Relevanz erspielt, indem durchaus ein eigenwilliger Soundkosmos kreiert werden kann – wenngleich freilich weitaus weniger konkret als etwa das Waste of Space Orchestra dies aus einer ähnlichen Ausgangslage heraus tat.
Die Aufteilung in einzelne Tracks macht höchstens rudimentär Sinn, keiner folgt schließlich klassischen kompositionellen Motiven – sie entwickeln höchstens vage individuell differenzierbare Facetten. Ritual ist eine Plattform für atonal und diffus fiependen, piepsenden, schraubende Noise-Ideen, der umtriebige Dälek und Tyfus benutzen ihre Stimme dazu in bester Patton-Manier – als sporadisch durch den Hintergrund huschendes Element, meist als zusätzliche Geräuschquelle verfremdet, dann wieder als sakrale Gebetsmühle, die als düsterer Minimalismus aus Ambient und Elektronik wie der Nachhall von Oranssi Pazuzu ohne Körper wirkt.
In And Then, I Was Back (Mayan Midnight) laufen Sprachsamples in einem Dickicht durcheinander, verdichten den Charakter dieses Projekts als avantgardistische Kunstform: Ein psychotischer Soundtrack aus fragmentarischen Stör-Geräuschen, weißem Rauschen, seltsam distanziert und dennoch anziehend, man lässt sich berieseln. Hastened By Illusions addiert zur leiernden Psychedelik des ornamental bleibenden, lautmalerischem „Gesang“ aus dem Jam geborene lose Drums und nirgendwohin führende Gitarren. Das ist ein rituelles Delirium, mehr Konzept als plotgettieben, es geht um eine Stimmung zwischen Master Musicians of Bukkake, Steven O’Malley und Boris.
Der oszillierende Basslauf von On All That May Have Been gurgelt als sedative Irrenanstalt, wie ein Breakbeat-Gerippe ohne Rhythmus, Drive oder Körperlichkeit, dafür rezitiert der Wahn aus anderen Kosmen im Feedback spacigen Schleifen, bevor das finstere La Sangre Del Conquistador Y Peor eine düstere Gewalt im Feedback dräuen lässt und zeigt, dass das Projekt durchaus einem Spannungsbogen folgt.
All das mag drastischer kontrastiert klingen, als es tatsächlich ist. Doolhof ist immerhin ein Quasi-Livealbum geworden, das man wohl nicht allzu oft wiederbegegnen wird, auch wenn man als Szene-Freund den Spielraum des Trios mehr als nur interessant finden kann. Vor allem denn, wenn man dieses Labyrinth losgelöst von jeder Erwartungshaltung aufnehmen kann.
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