Dirty Projectors – Flight Tower
Flight Tower ist die zweite von insgesamt fünf angekündigten, konzeptionell erstellten EPs, die Dirty Projectors 2020 vorlegen wollen. Darauf bewegen sie sich nach Windows Open weg vom Folk, hin zum Contemporary R&B.
Eine stilistische Entscheidung, die man nach subjektiven Präferenzen ob der Ausrichtung der Band nicht ansatzlos begrüßen muß – gerade nach den entsprechenden, weniger gelungenen Studioalben Dirty Projectors (2017) and Lamp Lit Prose (2018) – die man ungeachtet dessen aber durchwegs goutieren kann. Immerhin hat es Hand und Fuß, was Keyboarderin und Perkussionistin Felicia Douglass sowie (das für Songwriting, Produktion, Technik und Mixing verantwortlich zeichnende Mastermind) Dave Longstreth auf Flight Tower zelebrieren.
Schließlich gehen die beiden unter dem Dirty Projectors-Banner keine polarisierenden Wagnisse ein, sondern liefern eine rundum liebenswürdige EP, deren nonchalante Leichtigkeit und verspielte Nettigkeit einen verdaulichen Zugang zum elektischen Futurismus ermöglicht. Freilich nach verhältnismäßig unorthodoxen Schemen.
Inner World ist etwa eine ätherisch zum R&B rasselnde Lounge-Popnummer, die ihre Melodien und Beats wunderbar eigenwillig-unkonventionell strukturiert auflöst und irgendwann gar gedankenverloren klampft. Lose Your Love macht dort praktisch nahtlos weiter, übernimmt Motive aus der Rhythmusmachine des Openers und baut um seine gepitchen Stimmen einen liebenswürdigen Ohrwurm. Self Design agiert dagegen wie ein von der Avantgarde-Kunst verführtes Hip Hop-Gerüst, das zur Indietronic will (und mit „Samples von Harry Belafontes Dolly Dawn und Maurice Ravels Miroirs gluckert und glitzert Self Design wie ein fröhlicher Wildbach im Sonnenschein“, so der Beipackzettel), bevor das relativ straight nach vorne pochende Empty Vessel seine Arrangements minimalistisch gehalten eigentlich still und abgedämpft ausbreitet, mit 90er Texturen flirtet, dabei aber klar das schwächste, weil am sparsamsten ausformulierte Stück bleibt.
Trotzdem: Flight Tower ist ein rundes Ganzes, das der Dirty Projectors-Diskografie eine feine Fußnote verleiht – und die Lust auf die kommenden Kurzspieler mit ihren jeweils individuell verteilten Hauptrollen frisch hält.
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