Devon Welsh – Dream Songs
Devon Welsh bleibt auf seinen offiziellen Solodebüt Dream Songs dem inszenatorischen Minimalismus seiner ehemaligen Band treu, findet aber musikalisch ein neues Zuhause für seine charakteristische Stimme.
Knapp zwei Monate nach dem Ende der Majical Cloudz, die sich mit Impersonator (2013), Are You Alone? (2015) und Wait & See einen unsterblichen Platz am Herzen melancholischer Romantiker erspielt haben, ließ Welsh ja (neben seiner Spielwiese Belave) unter dem allgemeinen Radar segelnd bereits einen vagen Abnabelungsprozess in Form der die Archive aufräumenden Songsammlung Down the Mountain folgen. Ein Weg, den Dream Songs nun (ebenfalls in unabhängiger Eigenregie veröffentlicht) konsequent fortsetzt und zu Ende bringt, selbst wenn Nummern wie Over the Sky in ihrem geduldig den stillen Synth pulsieren lassenden, ziellos scheinenden Mäandern gar nicht so weit weg vom stilistischen Vermächtnis der Majical Clouds ihr subversives Understatement ausbreiten.
Assoziativ nicht die einzige Überschneidung: Welsh baut im nominelle Alleingang (aber mit Unterstützung von Produzent Austin Tufts und einigen Gastmusikern) immer noch auf simpel gestrickt, enorm aufgeräumte Kompositionen, die anderswo als Skizzen durchgehen würden, im Verbund mit seinem Bariton aber zutiefst intim und eindringlich in die Tiefe wollen, ernst und wohl überlegt, ästhetisch gefühltermaßen sogar die direkte Fortsetzung zum Vermächtnis der Majical Cloudz anbieten.
Welsh legt seine melodramatisch ruhigen Texte nun aber nicht mehr vor die reduzierten Elektronikhintergründe seines kongenialen ehemaligen Partners Matthew Otto aus, sondern bettet sie meist in weich umsorgende Streicher-Arrangements, eine stilisierte Fragmentlandschaft aus kammermusikalischen, orchestralen Ahnungen. Das dabei erzeugte Ambiente ist also ähnlich wie bei Majical Clouds, instrospektiv und einsam, aber doch merklich wärmer und weicher in der Umgebungstemperatur.
Unwirklich und wenig realistisch bleiben die versammelten 41 Minuten trotz der theoretischen Massivität eines mit Viola, Violine und Cello bis in den Orchestergraben reichenden Instrumentariumss praktisch wenig greifbar, verschwimmen passiv und abstrakt, strukturoffen, und entschleunigen die versteckte Schönheit der Welt um den Hörer nachdenklich.
By the Daylight klingt deswegen den Weg vorgebend bereits eher wie ein früher Final Fantasy/ Owen Pallett-Song: Welshs Stimme steht in all seiner melancholischen Zeitlosigkeit im Mittelpunkt, darum herum aber streichen gezupfte und schwelgende Streicher, forcieren eine stille Dramatik, die ohne jede Opulenz majestätisch im kleinen Rahmen mit Chören und Klavier wächst.
In Summers End bilden dagegen zaghaft perlende Gitarren das Grundgerüst, die Rhytmussektion hält sich grazil zurück. Die Arrangements sorgen mit absoluter Zurückgenommenheit für vorsichtige Akzente, blühen dann aber in sorgsamer Eleganz. Vision ist hingegen kontemplativ stampfender Beinahe-Indie in Zeitlupe – die Synthieflächen deuten ein bisschen Pop ohne jeden Zwang an und funktionieren damit weniger bedeutungsschwer als die dramatische Erzählung, die die Klangmalerei Comedian darstellt.
Generell hat Dream Songs phasenweise damit zu kämpfen, dass Welsh sich in einer Nabelschau verläuft, die ohne die Ausnahmesongs, zu denen Majical Cloudz in ihren Sternstunden fähig waren, gerade im Albumkontext ohne Climax erdrücken. Chances schrammelt seine Akustikgitarre etwa über knapp 5 Minuten ermüdend monoton, lässt das restliche Instrumentarium reduziert auf- und abebbend, sinniert jedoch im Kreis drehend. Das vorab veröffentlichte I’ll be Your Ladder will dagegen demonstrativ Gravitation erzeugen, wenn ein Saxofon (gespielt von Love Theme-Mann Austin Milne) , Streicher und Tasteninstrumente pathetisch anschwellen, doch leidet das anvisiere Herzstück der Platte zu elaboriert theatralisch und ohne Epiphanie.
Dafür bietet Dream Songs im Ausgleich allerdings auch durchaus überragende Momente, die nur Welsh liefern kann, die so wohl auch im Verbund mit Otto nicht möglich gewesen wären: Dreams Have Pushed You Around deckt sein Radiohead’sches Pianoloop etwa mit einem Meer aus tröstend umspülenden Streichern zu, und das Juwel Take it Easy klingt mit seiner müde den Takt angebenden Hi-Hat wie eine jazzige Popnummer mit orchestraler Begleitung für die einsamsten Stunden nach Mitternacht, die jede noch so traurige Einsamkeit aufwiegen kann.
Und wenn Welsh zu den vorsichtig optimistisch perlenden Gitarren in Vampires sonor flüsternd „We‘re moving on“ verspricht, erkennt man sogar den versöhnlichen Silberstreifen am Horizont, den Majical Cloudz zeitlebens gesucht haben.
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