Death Cab for Cutie – The Georgia E.P.
Die Renaissance von Death Cab for Cutie im Kurzfomat setzt sich nach dem tollen blauen 2019er-Kleinod mit der Georgia E.P. fort – erhältlich nur für 24 Stunden am letzten Bandcamp-Friday des Jahre.
Diesmal servieren Ben Gibbard und Co. kein eigenes Songmaterial, sondern greifen auf fünf Kompositionen zurück, deren Urheber allesamt aus dem titelstiftenden U.S.-Bundesstaat stammen. Die Intention dahinter ist eine ähnliche wie bereits bei den Beiträgen der Band zu den Good Music-Samplern, nämlich eine politische: „Last month, Georgia flipped blue for the first time in a Presidential election since 1992 – due in large part to the tireless efforts of Stacey Abrams and the men and women who work alongside her at Fair Fight. We’ve recorded this collection of music as both a celebration of this monumental achievement, and to provide support for the fight ahead – in this case the upcoming special Senate election in January. With control of the Senate on the line, and with it the fate of so many things we care about, from climate action, to criminal justice reform, to voting rights, and everything in between – the stakes are uniquely high this time around.„
Und weiter: „As for THE GEORGIA E.P. itself – we love it. It was recorded remotely over four days in our home studios during a productive blast of activity a few weeks ago, and mixed just a couple days later. In a year where so much of what we love to do has been put on pause, it felt so good to be making music together again.“
Wie wohl sich Death Cab beim Einspielen der Songs tatsächlich gefühlt haben dürften, lässt sich vielleicht alleine schon daran bemessen, dass sich das Quintett aus Washington zwar am Fundes großer Namen – TLC, Neutral Milk Hotel, R.E.M., Vic Chesnutt und Cat Power – bedient, die Georgia E.P. aber zu keinem Zeitpunkt an den hohen Messlatten scheitert, im Gegenteil: Das Übersetzen der ursprünglichen Versionen in den angestammten, melancholisch weich anschmiegenden Death Cab for Cutie-Sound gelingt ausnahmslos fabelhaft, locker und leicht, schmeichelt der Band und ihrem Musikverständnis ebenso, wie es den Originalen auch eine neue Perspektive anbietet – angenehm und einladend, aber nicht gefällig oder bequem.
Waterfalls schiebt Reverb-Gitarren aus dem Ambient, die Rhythmussektion nimmt sich erst zurück, grummelt ein bisschen und vertraut auf Schellen, bevor ein unaufgeregter Beat den Song mit einem bittersüßen Optimismus trägt und im behänden Indierock erblüht: Da kann Rivers noch etwas lernen!
The King of Carrot Flowers, Pt. 1 macht das schiefe und rumpelige Wesen von Jeff Mangum rund und setzt auf verdauliche Synthies anstelle diffuser Harmonika-Texturen, streckt sich nicht über die Decke hinaus, sondern sucht Versöhnlichkeit – leider ohne die entsprechende Katharsis in Pt. 2 zu provozieren, was durchaus interessant gewesen wäre, aber egal. Fall On Me perlt voller und stampft im Refrain gut gelaunt und gelöst, mit mehrstimmiger Harmoniesucht: Hätten die Nummer vielleicht so klingen können, wenn sie erst auf Out of Time oder Reveal erschienen wäre?
Das unsterblich aufwühlende Flirted With You All My Life wird dagegen in Keyboard- und Orgel-Watte gebettet, warm und ergreifend, immer noch so traurig und romantisch, aber weicher, flächiger und tröstender, fast soulig nachhallend – sogar das Schlagzeug will nun in den Arm nehmen, anstatt der Sehnsucht hinterherzumarschieren.
Und Metal Heart deutet vieles an: das epische Panorama, ein orchestrale Breitwandszenario, sakrale wiegende Chor-Nuancen, ein brutzelndes Shoegaze-Finale – entscheidet sich aber stets für das subtile Understatement. Weswegen die Georgia E.P. auch mit einem latent unerfüllenden Beigeschmack verklingt, mehr noch aber mit bescheiden bleibender Zurückhaltung eine dezente Anmut erzeugt, der man sich immer wieder hingeben möchte – dieses sympathische Charisma rechtfertigt dann auch durchaus eine wohlwollende Aufwertung zwischen den Punkten.
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