Deantoni Parks – Touch But Don’t Look
Wie groß der Einfluss von Deantoni Parks auf die letzte The Mars Volta-Platte ‚Noctourniquet‚ wohl tatsächlich war, lässt dich vielleicht erst anhand von ‚Touch But Don’t Look‚, dem Solodebüt des umtriebigen Schlagzeugausnahmekönners wirklich ermessen: Stylische Synthie-Rhythmusmusik als Gebrauchsgegenstand.
Oder auch möglich und nicht unwahrscheinlich: Tausendsassa Omar Rodriguez-Lopez hat immens auf den 35 jährigen abgefärbt. Wie dem auch sei: da haben sich – wie der Blick auf das Line-Up diverser gemeinsamer Projekte von der Omar Rodriguez-Lopez Group bis zur nunmehrigen Hautspielwiese der beiden, Bosnian Rainbows, bestätigt -zwei gefunden, die mehr als nur miteinander können. ‚Touch But Don’t Look‚ bewegt sich dementsprechend als potentielles Spin-Off nicht soweit davon entfernt, was der (ehemalige?) The Mars Volta-Gitarrist auf seinen diesjährigen Soloplatten ‚Un Corazón de Nadie‚, ‚Saber, Querer, Osar y Callar‚ und ‚Octopus Kool Aid‚ veranstaltet hat: beinahe ausschließlich instrumental gehaltene, rhythmus-lastige Elektronik-Songs stehen also im Fokus.
Wo mit Rodriguez-Lopez – der freundschaftlicherweise auch gleich das Plattenlabel für die Veröffentlichung von ‚Touch But Don’t Look‚ parat gestellt hat – allerdings gerne einmal die Pferde durchgehen, macht sich der hier im Alleingang zu Werke gehende Parks deutlich zweckdienlicher ans Werk. Natürlich überschlagen sich analoge Synthieflächen und zwirbelnde Keyboardeffekte hier kauzig genug mit dumpfen Bassmotiven – tauchen einmal Gitarren auf, tun sie es beinahe bis zur Unkenntlichkeit verfremdet, der Griff in Mr. Oizo’s Effektkiste geschieht flink (‚Amsterdam By Foot‚). Immer aber hält Parks den Tumult mit seiner schiefen Jazz-Rock Rhythmik zusammen, sorgt damit für den roten Faden wie den Bühnen-bildenden Rahmen. Oft hat ‚Touch But Don’t Look‚ deswegen auch was von einer treibenden, leicht sterilen Elektro-Party, die vom satten (auch Drum-Computer-programierenden) Beat-Dompteur Parks gleichzeitig gezügelt und befeuert wird – auf die Spitze getrieben überrascht ein ‚Dickie Newman‚ so als glasklarer Dance-Track, wie er sich auch auf der Techno-Übung ‚Ssss‚ von VCMG gut zurecht gefunden hätte.
‚Rebel To Rebel‚ besticht dagegen als die hypernervöse, futuristische Tech-Demo für High-End Duracell-Schlagzeug-Becken, ‚Let’s Go Hazy‚ oder ‚Dead Confederate‚ bewerben sich postwendend für den Soundtrack, den eine Mischung aus Flugspiel und Landschaftssimulation mit Sonic The Hedgehog in der Hauptrolle verlangen würde. In ‚Dancin‘ Like A Feather‚ taucht mit Sylvia Gordon alias Betty Black dann doch noch einen behutsame Stimme hinter dem Mikro auf und verschafft ‚Touch But Don’t Look‚ vor allem damit Erleichterung, dass dank 8Bit-Bratgitarren plötzlich doch noch handfeste Melodien Einzug in ein Album halten, für welches das simple Schaltkreis-Gefiepe in ‚Guiding Light‚ bis zu diesem Zeitpunkt diesbezüglich schon das höchste der Gefühle war. Aber an Melodien ist Deantoni Parks hier ohnedies gar nicht oder nur am Rande interessiert. Die gut und gerne auch als DJ-Mixtape durchgehende Rhythmusmaschine ‚Touch But Don’t Look‚ konnte so wohl nur von einer Schlagzeuger erdacht werden, lädt in seinen zwingensten Momenten zur unabdingbaren Bewegung ein, lässt kaum Stillsitzen, wenn kultivierte Vernissagen plötzlich zur Tanzfläche umfunktioniert werden wollen. Omar Rodriguez-Lopez würde hierzu sinnvollerweise wohl guten Gewissens die Beine schütteln: einen emotionalen Draht wird man zu dieser Form Gebrauchsmusik nicht finden können.
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