Deafheaven – Black Brick

von am 2. März 2019 in Single

Deafheaven – Black Brick

Warum Black Brick keinen Platz auf Ordinary Corrupt Human Love gefunden hat, ist offensichtlich: Härter als auf den nun als Standalone-Single veröffentlichten siebeneinhalb Minuten waren Deafheaven selten, schon gar nicht auf der für den Grammy nominierten Schönheit aus dem Jahr 2018.

Beinahe scheint es so, als wäre Black Brick vom Titel bis zum Auftreten eine manisch getriebene Trotzreaktion auf die jüngste Studioplatte der Band aus San Francisco, ein Konter auf alle spöttischen und abschätzigen Kommentare trver Genrefans, denen das vierte Studioalbum der immer schon polarisierenden Black Metal-oder-nicht-Black Metal-Romantiker ob seiner weich-zugänglichen, avantgardistisch-ekeltischen Schale endgültig ein verhasster Dorn im Auge war.
Wie dem auch sei schalten Deafheaven nach gebuchter Studiozeit im Rückspiegel und der kommenden Tour mit Baroness sowie Zeal & Ardor kein Jahr nach dem für weichere Konturen sorgenden vierten Langspieler dezidiert ein paar Gänge auf der Brutalitätsskala nach oben. Eben ganz so, als gälte es zu beweisen, wie finster und bösartig das Quintett notfalls doch drangsalieren kann. Black Brick fühlt sich aus dieser Ausgangsposition übrigens eher wie ein vergessenes Highlight, vielleicht sogar Upgrade von New Bermuda an, denn als nominelle B-Seite von Ordinary Corrupt Human Love.

Der demonstrativ heavy und energiegeladen nach vorne gehende Reißwolf baut schließlich auf ein zutiefst thrashiges (vielleicht nicht superoriginelles, aber extrem effektives) Riff mit ordentlich Power (Trip), die galoppierende Geste dahinter (Kickdrumgebolze im Wechselt mit aufziehendem Wirbel) addiert den zuletzt nicht mehr gehörten tackernden Rhythmus um die Schwefel spuckende Garstigkeit in George Clarkes wieder abstrakter gewordener Poesie: „Freedom flutters down the drain again/ One eye wide to the braille of fireflies/ I tunnel brutishly pig headed, and full of steam/ Into the damp comfort of this lonely trench„.
Prätentiös dramatischer Hass, vielleicht – jedoch eine pure Katharsis, nichtsdestotrotz. Deafheaven variieren die rasante Geschwindigkeit mit drückender Dichte bis zum Downtempo und peilen den Blastbeat an, lassen zudem jedoch genug Raum, damit der atmosphärische Blackgaze seine tremoloschwangeren Postrock-Tendenzen melodisch ausleben kann. Gerade hinten raus macht Black Brick beinahe elegisch auf, ohne verträumt die Zügel zu lockern. Nein, Puristen wird auch dieser die Schönheit im Ekel keineswegs abstreifen wollende Tobsuchtsanfall nicht mit dem charakteristischen Wesen von Deafheaven aussöhnen.

Und es mag sicherlich stimmen, dass unzählige Bands mit einem ähnlichen MO in derartige Ausgangslagen noch fieser, agressiver oder nihilistischer zu malträtieren verstehen. Geschenkt. Immerhin funktioniert Black Brick nicht nur für eine im Black Thrash weniger bewanderte Hörerschaft, sondern trumpft mit seiner Spielwut und Dringlichkeit, der peitschenden Leidenschaft und doch auch wieder konsenstauglichen Schwärze auf. Black Brick ist die keineswegs angestrengt wirkende Geste, die der engstirnigen Szene den Ziegelstein assozial durch die Frontscheibe wuchtet, der organisch aufgehende Versuch zu beweisen, wie bösartig der eigene Sound doch sein kann, wenn man nur will. „Deafheaven performing at their heaviest yet“ heißt deswegen nichts weiter, als dass sich der Fünfer weiterhin primär an sich selbst messen muss. Insofern ist es auch egal, was nun den konkrete Antrieb hinter diesem Überraschungsangriff darstellt.
Die knapp siebeneinhalb aus dem Nichts kommenden Minuten von Black Brick sind ein erfreulich rasanter Husarenritt mit Ansage und Substanz, zwingender Performance und keifender Attitüde auf den Hinterbeinen, der zwangsläufig auf dem falschen Fuß erwischt und sich zudem weitaus kurzweiliger anfühlt, als die Spielzeit suggeriert – das zündet sogar intensiver als vieles, was die Band 2015 in Sachen hauseigenem Härte-Spektrum vorgelegt hat.
Gerne mehr von dieser zum ästhetisch feingeistigen Gemetzel hetzenden Furiosität, die sich auch zu widerlegen anschickt, dass Ordinary Corrupt Human Love die Stärken von Deafheaven definitiver und endgültiger hervorgestrichen hat, als die unausgegorene Tollwut von New Bermuda.

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