David Duchovny – Gestureland
Mit seinen dritten Album in fünf Jahren erweitert David Duchovny seine Diskografie nicht nur rascher, als so mancher auf die Profession in der Musikbranche abonnierten Kollegen – Gestureland markiert auch qualitativ einen eklatanten Wachstumsprozess für den 61 jährigen.
Schien es durch den Vorgänger Every Third Thought (gerade mit ein wenig Abstand) noch so, als hätte Duchovny den Charme, den sein unerwartetes Debüt Hell or Highwater rund um dessen Titelsong und verdammt unterhaltsame Liveshows entwickelte bereits wieder ein klein wenig aufgebraucht, ist das durch die Pandemie ein gutes Jahr verzögerte Gestureland nun der Entwicklungsschritt, der den Schauspieler endgültig als ernstzunehmenden Musiker etablieren sollte.
Duchovny hat im Spannungsfeld aus überdurchschnittlich soliden bis überraschend starken Rocksongs mit Spurenelementen aus dem Country, Folk und Americana schließlich Material gefunden, das ideal zu seiner Stimme passt. Er klingt er in jeder Hinsicht selbstsicherer und vertraut auf seine richtig eingeschätzten (niemals unter Wert verkauften oder überambitionierten) Qualitäten als Sänger und Songwriter. Was auch bedeutet, dass Duchovny die instrumentale Seite seiner Musik mittlerweile gänzlich in die Hände seiner fähigen Band (Keenan O’Meara, Davis Rowan, Colin Lee, Duchovny, Pat McCusker and Mitchell Stewart) legt. Im Gegensatz zu weiten Teilen von Every Third Thought hat man allerdings nicht mehr den Eindruck, als müssten deren Können den Leader mittragen. Stattdessen vermittelt Gestureland das Gefühl, es bei dem Gefüge mit einer eng beieinanderstehenden Einheit zu tun zu haben.
In einem ausfallfreien Ganzen, in dem sich eher jede Nummer als souveräner Ohrwurm anbietet, ist die Halbwertszeit des ebenso catchy wie authentischen Materials in Relation zu jenem der ersten beiden Alben merklich gestiegen, zumal Duchovny seine wertkonservative Verortung immer wieder variiert, um für einen angenehm dynamischen und kurzweiligen Fluß zu sorgen.
Da gibt es gut abgehangene, fast heavy wirkende Heartland-Stücke wie Nights Are Harder These Days, das zur jammend flanierenden Neil Young-Verneigung aufgefächert wird, während Mind of Winter seine energisch polterternde Dringlichkeit mit unprätentiösen Bläser ausstattet und Chapter and Verse seine tolle, mit zappelnden Drums inszenierte Strophe ohne Probleme in einen etwas zu tranigen Refrain drosseln darf. Bei aller Gemütlichkeit ist das einfach auf eine universelle Art und Weise schön.
Das einnehmend sinnierendere, wunderbar weich mit dezenter Meisterhand ausgeschmückt arrangierte Holding Patterns und das flott polternde, straight zu eleganten orchestralen Parts findende Everything is Noise erinnern eher an The War on Drugs (mit einer abwechslungsreicher arrangierten Rhythmusarbeit) als an andere proklammierte Inspirationen, wohingegen Playing at the Same Dream in der kurzen schwächsten Phase der Platte in Nuancen merklich zu den Smiths und The Cure im Soul-Outfit tendiert, nachdem das routinierte Midtempo des Politikums Layin’ on the Tracks primär aufgrund seiner Synthie-Patina aufzeigt, was im On-the-Road-Stück Pacific Coast Highway die plingende Gitarre, die Orgel und smoothe Backingladies erledigen. Alles übrigens, ohne je zu dick aufzutragen.
Am stärksten (und nachhaltigsten) erweisen sich allerdings (wie schon bisher stets) die kontemplativer ausgelegten, ruhigeren Nummern. Die wunderbar angenehmeBallade Stay Until etwa, oder das noch noch zurückgenommener beginnende Tessera, das seine einfache Hook wie ein aufmunternd durchhaltendes Mantra schunkeln lässt.
Hinten raus badet Sea of Tranquility guten Gewissens in der Sentimentalität ohne dem Kitsch anheim zu fallen, während das auf eine Akustikgitarre und Piano gebaute Call Me When You Land sogar ein bisschen Gänsehaut erzeugen und ein paar Tränen durch das Knopfloch drücken darf, bevor sich das Highlight in seiner Wohligkeit verliert. Dass Duchovny die auch mal leicht schiefe Nummer als sein persönliches Cat’s in the Cradle bezeichnet, ist dann vielleicht etwas weit hergeholt, aber auch kein Hochmut in dieser bescheiden bleibenden Platte, die die zuversichtliche Klasse beweist, um die knapp fünf Jahre alte Talentprobe Hell or Highwater mit keiner überwältigenden Meisterleistung zu überrumpeln, anstatt sie vielmehr mit einer durch und durch befriedigenden, tja, tatsächlich!, Zeitlosigkeit zu bestätigen.
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