Damian Lewis – Mission Creep
Damian Lewis wird wohl vorerst weiterhin vor allem als Nicholas Brody, Bobby Axelrod oder Richard Winters in der popkulturellen Wahrnehmung bekannt bleiben. Mit Mission Creep positioniert er sich aber trotzdem als ernstzunehmender Musiker.
„Vor seiner erfolgreichen Laufbahn in der Schauspielerei war Damian Lewis vor allem ein Musiker, inspiriert von den stilprägenden Rockbands seiner Jugend und jahrelang unterwegs als Straßenmusiker.“ weiß der um kredible Authentizität für die Gegenwart und Zukunft bemühte Pressetext über die Vergangenheit des 52 jährigen mehr als Wikipedia, wird aber auch mit dieser Kundgabe wahrscheinlich nicht jene Skepsis von vornherein zerstreuen können, die man Mimen irgendwo automatisch entgegen kommen lässt, wenn sie ihr Metier ins musikalische Territorium verlagernden – worüber etwa David Duchovny, Bruce Willis, Hugh Laurie Scarlett Johansson, Kevin Costner, Jeff Bridges oder Ryan Gosling ja auch jenseits des Kuriositätenkabinetts des leidlichen Müßiggangs (wegen Kollegen wie Corey Feldman, Steven Seagal, Don Johnson, Eddie Murphy, Gwyneth Paltrow oder Stephen Collins) ein Lied singen können.
Tatsächlich sorgen jedoch die 53 Minuten von Mission Creep selbst für die nötige Reputation, da Lewis vor einer rund um Giacomo Smith (von der Londoner Kansas Smitty’s House Band) rekrutierten, instrumental breitgefächerte aufgestellten, aber zweckdienlich zurückhaltend bleibenden Gruppe aus versierten Musikern mit überraschend androgyner Stimme, in einem zur schwülstigen Theatralik flanierenden Falsett intonierend wirkliches Können zeigt – ästhetisch vage in die Erinnerung an Ahnoni und Bryan Ferry geschmeichelt?
Entspannt und vor allem in Soho Tango (diesem relaxt groovender Ohrwurm, der seiner Gitarre später was pfeift und den souligen Chor ebenso wie ein zurückhaltendes Saxofon einlädt) oder Hole in My Roof (eine funky Yacht-Subtilität, zu verführerisch für den Fahrstuhl) geradezu sommerlich unaufgeregt ist Mission Creep eine variabel an der barrierefrei eingängigen Komfortzone des gefälligen Singer Songwriter-Blues- und Folk-Rock mit Cool Jazz-Nonchalance geworden. Angenehm zu hören, kurzweilig und kompetent, reizvoll und elegant eine überraschend gehaltvolle Halbwertszeit bietend (und wohlwollend zwischen den Punkten liegend die Aufrundung bei der Wertung bekommt).
Lewis gleitet elegant durch perkussiv getragene, fast Elbow’eske Tasten-Gelöstheiten (etwa Down on the Bowery oder das freilich aus der weichen Klaviatur plätschernde She Comes), beweist sich im reduzierten Roadhouse-Rock’n’Roll (das mit Mundharmonika swingende My Little One oder das etwas heiser gen David Bowie im Glam-Weichspüler klimpernde Makin’ Plans) wie in der souligen Lässigkeit des Classic Rock (After Midnight) oder behutsam polternden Americana mit Country-Schraffuren (Zaragoza), derweil seine Band mal mit weich slappendem Bass locker im beschwingten Pop dahinläuft (Never Judge a Man by His Umbrella), smooth in die Bar strawanzt (Wanna Grow Old in Paris), verträumt in schwarz-weißer Vintage-Nostalgie an Jelly Roll Morton schlurft (Why) oder den gelösten Abspann Such a Night motiviert unspektakulär nachschiebt, stets vom eigenwilligen, charismatischen Timbre ihres Sängers geleitet.
Und ja, wenn Harvest Moon als Easy Listening-Lounge mit einem latenten Muzak-Flair schon auch in gewisser Hinsicht repräsentativ für die nebensächliche Tiefenwirkung von Mission Creep zu sein scheint, wenn die für die gesamte Platte stellvertretende Frage im Raum schwebt – braucht es dieses drölftausendste Cover des Neil Young-Klassikers wirklich unbedingt? – bietet Lewis auch mit dem Tod von Helen MccRory im Hinterkopf eine traurige Antwort, die eben wohl nur für ihn selbst per se essentiell ist, seine Reputation als Musiker aber mit souveräner Klasse und starkem Songwriting den Hintergrund beschallendem Unterhaltungswert füttert.
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