Cypress Hill – Elephants On Acid
Selbst nur eine überschaubare Anzahl der Hardcorefans wird darauf gewartet haben, dass die designierten Berufskiffer von Cypress Hill nach acht Jahren Auszeit eine psychedelische Odyssee unternehmen, deren Finale eine Interpretation von Stairway to Heaven darstellt. Stellvertretend für Elephants on Acid in Gesamten gilt aber: Das geht überraschend okay.
Das abschließende Led Zeppelin-Cover mag zwar doch auch aus dem Nichts kommen, macht jedoch in seinem halluzinogen treibenden Trip aus verwaschenen Gesten mit jazzigen Flair erstaunlich wenig falsch – weil Cypress Hill hier vielleicht nicht restlos essentiell, aber erfrischend unkonventionell zu Werke gehen, Konturen auflösen und sich bis zur Selbstaufgabe treiben lassen, Melodien zu Ahnungen im Nebel verformen und ätherisch mäandern. Was so bedingtermaßen auch auf Elephants on Acid zutrifft, dass den Signature Sound der Kalifornier entlang der üblichen lyrischen Dope-Lobpreisungen wieder etwas düsterer durchdekliniert und mehr noch auf die psychedelisch verdrogte Seite des Spektrums kippt, wenn gleich die Single Band of Gypsies dem orientalisch/arabischen Tabla- und Sitar-Drogenrausch mit Sadat & Alaa Fifty folgt, sich danach ein entrückt schleppender Morast aus dösend wummernden, unkonkreten Beats überschwappt, die symptomatisch auch den diffusen Yogi-Produzenten Gonjasufi (ein maßgeblich prägender Einfluss für die gesamte Platte übrigens) in das Trance-Spektrum der Platte spült.
Cypress Hill bleiben dabei natürlich auch ihrer Linie treue, doch die acht Jahre seit dem mediokren Rise Up haben alleine insofern gut getan, als dass die Band sich so selbstsicher auf ihre Stärken besinnt, dass sie diese konsequent verwässert und entlang akzentuierender Soundfacetten mit wenig Understatement füllt.
Was Elephants On Acid dabei im weiteren Verlauf selbst im Weg steht, ist seine absolut unfokussierte Gesamtstruktur: 21 Track über 52 Minuten machen praktisch keinen Unterschied zwischen vollkommen unnötigen Skits und Interludes (etwa Satao oder LSD im Sekundenbereich, enervierender hingegen in Form von elaborierten Instrumentalstücken wie Muggs is Dead), ihr faszinierendes Potential nicht ausreichend nutzenden Versprechungen (beispielsweise das mit flimmernder Brass-Sektion aufwartende Oh Na Na, das sich aber letztendlich ohne zwingende weiterführende Idee verliert, ohne der Marihuana-Hit zu werden, den die poppige Hook anvisiert – siehe auch das verführerische Reefer Man oder das toll groovende Crazy), fahrigen Skizzen (Jesus Was a Stoner triggert weggetreten im Patschuli-Lavalampen-Feeling) und kompromisslosen Oldschool-Fingerübungen ohne Schnörkel oder Gimmick (Locos, Put Em in the Ground, Warlord).
Wo Cypress Hill 2018 nur selten auf zwingend aus dem Kontext hervorstechen wollenden Highlights setzen, muss man Elephants On Acid ohnedies vielmehr als Collage und Fragmentsammlung verstehen, die insofern fast schon wie ambiente Gebrauchsmusik im Hip Hop-Kosmos funktioniert: Studioalbum Nummer 9 will mehr als die Summe seiner Teile sein, auch wenn man die Substanz der einzelnen Bestandteile deswegen lieber nicht auf ihren Mehrwert samt Langzeitwirkung untersuchen sollte.
Denn sicher ist dieser wellenförmig unkonzentrierte Gang der Platte frustrierend, wirkt dabei aber selbst dann paradoxerweise niemals unentschlossen, wenn eine schärfere Selektion samt Konzentration strukturell erfreulich gewesen wären. Wie oft man zu Elephants On Acid in seiner Gänze zurückkehren wird – was definitiv das Ziel von Cypress Hill hinter diesem dezidiert als Gesamtwerk zu verstehenden Comeback ist-, darf alleine schon dann in Frage gestellt werden, wenn gerade hinten raus durch Schnipsel wie The 5th Angel die lose vorhandene Spannung vollends zugunsten einer fantasierenden Score-Imagination schleifen lässt.
Doch gerade in seinem hemmungslos ohne Zwang auskommenden Wesen liegt auch der Reiz und Charakter von Elephants On Acid, das über seine einnehmende Atmosphäre und den beinahe ansatzlosen Fluss eine bisweilen natürlich auch extrem plakative Welt kreiert, in der man sich gerade mit bewustseinserweiternden Affinitäten verlieren kann. Zu verdanken ist das einerseits einem DJ Muggs in Hochform, der Elephants On Acid bei seiner Rückkehr auf den Produzentenstuhl stimmungstechnisch brillant verschweißt und der Rückkehr der Band entlang eines homogen zerfahrenen Kaleidoskops einen interessanten Sound auf den Leib schneidert. Zu anderen präsentieren sich B-Real und Sen Dog mit geschmeidig-präsentem Flow, ziehen den Acid Trip mit genug Punch an, um ihn nicht in der Beliebigkeit zerdröseln zu lassen. Am Ende steht deswegen auch mehr künstlerisches Weed-Statement samt künstlerischer Integrität, als ein restlos überzeugendes Album per se, das man wohl in dieser plätschernden Ziellosigkeit wohl nur aufnehmen kann, wenn man an sich keinen Kampf mehr zu führen hat.
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