Crypt Sermon – Out of the Garden
Wunderbarer Oldschool-Doom, der den Leitsatz von Pallbearer folgt: manchmal ist es einfach am besten, sich auf die Basics zu konzentrieren und an den Wurzeln seiner Vorbilder zu operieren. Das Riffmonster ‚Out of the Garden‚ ist das erste Genrehighlight des Jahres.
Wie die Klassenbesten aus Little Rock lehnen sich auch Crypt Sermon (gefühltermaßen Newcomer – zumindest für den relativ wahrscheinlichen Fall, dass man mit der Szene in Philadelphia und den anderen Spielwiesen der hier Beteiligten wie Trenchrot, Ashencult, Hivelords, Labyrinthine oder Infiltrator nicht vertraut ist) massiv bei Black Sabbath an. Wo Pallbearer jedoch die Ozzy-Jahre bevorzugen, zieht es das Quintett aus Pennsylvania deutlich expliziter hin zur Dio-Phase. Alleine Sänger Brooks Wilson kennt ‚Heaven and Hell‚ wohl in und auswendig, dessen Gesten und Bewegungen. Wie er sich darüber hinaus aber mit seiner traditionellen, vibrierenden Stimme auch bei Queensryche und rockigen Grunge-Elementen, zwischen klassischem Metal und Oldschool-Doom gleichermaßen zu Hause fühlt – das operiert an der Schnittstelle aus modern und zeitlos. Ein anachronistisches Bild, wie man ihn da vor dem geistigen Auge die alttestamentarischen Metaphertexte der Platte breitbeinig und mit mystisch-ausladenden Gesten theatralisch aber bodenständig in den Stadionhimmel emporzitieren sieht, und er die sieben Songs damit zu jedem Zeitpunkt markant dirigieren.
Basser Will Mellor und vor allem Drummer Enrique Sagarnaga sorgen darunter mit dynamischen Rhythmusarbeiten für die nötige Grundierung. Vor allem die beeindruckenden Rifffkaskaden von Steve Jansson und James Lipczynski evozieren allerdings die klaren Highlightmomente der Platte, wenn das Duo inmitten dickflüssig-mitreißender Nackenbrechersalven immer wieder auf weitläufige Solo-Ausflüge losziehen, nicht nur den abschließenden Titelsong majestätisch strahlen lässt und neben der immanenten Dio-Nahverwandschaft das Vermächtnis von Candlemass als den zweiten Stützpfeiler der Säulenheiligen von Crypt Sermon hochziehen.
Was dann aber nur zu leicht wie ein ausnahmslos eklektisches Sammelsurium der bandeigenen Vorbilder anmuten könnte, funktioniert über die knackigen 43 Minuten vortrefflich und mit eigener Note: Crypt Sermon sind versierte Songwriter, die es verstehen die Dinge über die volle Distanz knackig und abwechslungsreich zu gestalten und dabei zahlreiche wunderbare Szenen erschaffen.
Gleich das eröffnende ‚Temple Doors‚ etwa fährt ein Gedöns wie in die Schlacht ziehende Kriegsbläser auf, verfällt dann in einen heavy groovenden Koloss, der sein Tempo beharrlich variiert und den pathoshgetränkten Refrain mit offenen Armen empfängt. Der schwerfällige Hardrock-Doomster ‚Heavy Riders‚ wälzt sich erst einen Berg hinauf und Kirchenglocken nieder, um hinten raus enorm flott an Fahrt aufzunehmen und mit fetter Saitenarbeit nur so um sich zu ballern.
Das absolut brillante ‚Will Of The Ancient Call‚ lässt sein überbordendes Gitarrenmotiv um eine Melodie im Blindflug hasten – wären Alice in Chains eine klassische Metalband, würden sie vielleicht ähnlich klingen. Crypt Sermon gönnen ‚Into The Holy Of Holies‚ dagegen ein mittelalterlich gezupftes Intro, nur um danach brutal nach vorne zu stampfen und mit The Sword im Geiste feinste Melodiebögen mit harten Melodieabfahrten antreiben.
Sogar dass ‚Byzantium‚ nicht ganz die angestrebte epische Dichte erreicht oder das schwülstige Storytelling von ‚The Masters Bouquet‚ schon etwas arg in der verschwitzen Lederhose kneift, fügt sich nahtlos ins Geschehen ein: Crypt Sermon liefern mit ‚Out of the Garden‚ eine kraftvolle Visitenkarte, die sie nicht unmittelbar an die Speerspitze des Genres preschen lässt, aber mit stürmisch einfordernden Vertrauensvorschuss bereits jetzt in Aussicht stellt, dass die Reise für die fünf Szene-Veteranen genau dort hinführen könnte. Was besonders nach dem Triumphjahrgang 2014 einiges heißen will.
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