Crush – No Easy Way
Nach der grandiosen Vorstellungsrunde Damaged Goods im vergangenen Jahr überstürzen Crush nichts, liefern mit No Easy Way aber drei noch konkretere Gründe, weswegen man sein Herz an den sehnsüchtig-verwaschenen Pop des Quintetts verlieren sollte.
Die referentiellen Eckpfeiler des Crush-Sounds bleiben auch im Sommer 2017 weitestgehend die selben, wie im vorangegangen. Auch No Easy Way reibt seine entzückenden Melodien an einer Vorliebe für eine abgründige Dissonanz, ist gleichzeitig unheimlich herzig im Auftreten und hält seinen vielschichtigen Charakter doch mit zahlreichen Kanten spannend; funktioniert mit beeindruckender Präzision sowie viel Gefühl für die Materie im weitläufigen Spektrum von alten und neuen Shoegaze/Dreampop-Experten, über Cocteau Twins bis zu (den mittlerweile ja mühelos im Rückspiegel gelassen habenden) The Pains of Being Pure at Heart.
Dennoch haben Katrin Borecky, Verena Borecky, Florian Kolar, Christian Lach und Christina Lessiak die Gangart für ihr zweites Kurzformat zwischen den Zeilen ein wenig nachjustiert, den assimilierten Einflussbereich über die vordergründig britischen Szene-Ikonen hinausgehend weiter zum New Wave geöffnet und das Songwriting um das Quäntchen zielbewusster optimiert. Im direkten Vergleich zu Damaged Goods wirken Crush auf No Easy Way nun noch zielstrebiger, selbstsicherer und gefestigter, spielen ihren so herrlich unangestrengt im melancholischen Nostalgiemeer schwebenden Pop um Nuancen konsequenter, variabler – und zwingender.
Mit dem verspielt dängelnden, gelöst-optimistischen Please, Please Me (bzw. laut Bandcamp Please Me?) eröffnen Crush schließlich gleich mit einem Ohrwurm sondergleichen, transportieren die Grandezza eines immanenten Blondie-Vibes in knackige Indierock-Gefilde, so schmissig wie elegant. Der tolle Gesang, das mit viel Freiraum auf den Punkt gezirkelte Instrumentarium, die leicht nebulös schimmernde Produktion – da stimmt nahezu alles, Crush können Pop auf internationalem Niveau einfach.
Dass Love Lies noch entwaffnender abholt ist insofern keine Bagatelle. Über einen aus den 80ern herüberfunkelnden Synthie-Teppich treibt die Band mit präsenten Drums, oszillierenden The Smith‚esken Gitarren und einer gefinkelten Form-Inhalt-Schere in eine bittersüß-verträumte Elegie, badet in anachronistisch perlenden Melodien und anschmiegsamen Hooks, die nonchalant fesseln und dennoch ein unersättlich schmachtendes Element transportieren.
Love Lies tanzt die Tränen mit subtilem Lächeln aus geschlossenen Augen, schickt sich zärtlich zupackend an, einen betörenden Herzschmerz als glückseliges Suchtmittel anzubieten. Das bisherige Discografie-Highlight der noch jungen Bandgeschichte kann man deswegen nur zu leicht als tröstliche Verbindung aus dem in die Morgendämmerung geführten Stilbewusstsein von Interpol und dem Vermächtnis von Kate Jacksons schmerlich vermissten The Long Blondes verorten – oder eben als Beweis, dass Crush die ohnedies großen Versprechen ihrer ersten EP nunmehr mühelos einhalten.
Auch aufgrund einer unterstrichenen Vielseitigkeit in der Ausrichtung. Der abschließende Titeltrack kurbelt die Dynamik als flotter Postpunk in der Einzugsschneise der Libertines geradezu ausgelassen und frech bratzend an, gewichtet Tempo und Spannungsniveau um, ohne die etablierte Handschrift zu verbiegen. Auch im breiteren Bewegungsradius ist es allerdings vor allem der Drang der Band, ihr zuverlässiges Händchen für liebliche Harmonien immer auch mit giftigen Gitarren-Einfällen zu unterwandern, der weiterhin zu den deutlichsten Stärken der keineswegs handzahmen Crush zählt. Nicht nur das kurzweilig angepeitschte No Easy Way wird live wohl trotzdem noch mehr abgehen, als bereits auf Tape / digital. Also unbedingt die aktuellen Tourdaten vormerken und den ersten Langspieler der Kombo noch inniger herbeisehnen, als man das .
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