Crocodiles – Endless Flowers

von am 8. Juni 2012 in Album

Crocodiles – Endless Flowers

Charles Rowell und Brandon Welchez schleifen mit neuen Erfüllungsgehilfen ihre abgedunkelten Reverb-Rocksongs in den sommerlichen Park. Abgehangen wird dort trotzdem mit schweren Lederjacken und dicken Motorradboots, die Sonnenbrillen werden auch getragen, wenn mal Wolken aufziehen.

Darf man sich fragen, wie sehr man eine Band wie die Crocodiles heutzutage noch braucht? Also eine, die sich spätestens seit dem Zweitwerk ‚Sleep Forever‚ den Noise der Anfangstage wohldosierter einsetzt und auch den Lo-Fi-Zusatz dank Produzent James Ford längst gestrichen hat, um sich vollends der Illusion hingeben zu können, die Fackel von The Jesus and Mary Chain und Echo & the Bunnyman (die zwei Bands, ohne deren Nennung praktisch nicht über die Crocodiles geschrieben werden darf) weiterzutragen. Wobei die beiden Gehirne hinter der Band aus San Diego wirklich dabei sind, ihren Tributsound zu perfektionieren. Rowell und Welchez wissen, wie man mit diesen verinnerlicht sägenden Gitarren, den dünnflüssig auslaufenden Synthieflächen, den langgezogenen Hall- und Nebelschwaden-Vokalen in den poppigen Refrains und den durch die mächtigen Saiteninstrumenten generierten Shoegaze-Wall-of-Sound-Erfahrungen gute Songs kreiert, die den Bogen mühelos von Phil Spector über The Velvet Underground und My Bloody Valentine bis hin zum frühen Black Rebel Motorcycle Club und den Dum Dum Girls spannen. Im Windschatten derart namhafter  Vorbilder und unzähligen Konkurrenten auf der Nebenspur, die das so unähnlich nicht ebenfalls knallhart durchziehen, gelingt den Crocodiles jedoch zumindest für die Spielzeit ihrer Platten der Kniff, die eingangs gestellte Frage auszublenden.

Denn sie wissen genau, was sie da tun. Songs bekommen anziehende Namen wie ‚Electric Death Song‚ oder ‚My Surfing Lucifier‚, es geistern deutsch gesprochene Nonsense-Interludes in die Platte, ein beherztes „Eins, Zwei, Drei, Vier“ hat schon den Rakes seinerzeit nicht geschadet und wärmt zudem die Faszination der einstigen Noisepunk-„Reichstag RockerThe Plot to Blow Up the Eiffel Tower auf. Zwischen langgezogene Reverbarrangements werden zudem genug eingängige Melodien eingestreut, was nur selten wie in ‚No Black Clouds for Dee Dee‚ zur Überzuckerung führt, weil die gewisse Grunddüsternis von den Vorgängern auf ‚Endless Flowers‚ hinübergerettet werden wollte. Dass da trotzdem genug Raum für eine inszenierte Lässigkeit zwischen den schellengetriebenen Beats bleibt, ist nur ein weiteres Indiz dafür, dass die Ankündigungen als die „bisher poppigste Crocodiles Platte“ den Nagel nicht unbedingt auf den Kopf getroffen haben, so falsch aber auch wieder nicht sind.

Die Stimmung ist wenn auch nicht fröhlich so zumindest freundlicher, die psychedelische Schlagseite der Band keine bedrohliche mehr. Man will Romantik kreieren, die auch mal unter den Nägeln brennen darf, das muß nicht unbedingt Kompakt sein, um ohne schlechtes Gewissen im Surf Rock und bei 60er Jahre Girlbands zu wildern. Songs wie ‚Sunday (Psychic Conversation #9)‚ nehmen ohne Berührungsängste an der Hand, um dem Post Punk die Vorzüge von wohl dosiertem Indie Pop vorzuführen, und die Sache mit den herrausragenden Hits aus dem Gesamtwerk geht ‚Endless Flowers‚ dann ohnedies überlegter an, als seine Vorgänger, weil etwa ein ‚Bubblegum Trash‚ genau so klingt, wie es heißt. Zugänglicher, aber nicht handzahmer lautet die Devise also, auch wenn das manchmal bemühter wirkt, als es vermutlich will, so hellen die Crocodiles ihren auf zyklische Zeitlosigkeit ausgelegten Grundgedanken hinter ihrer Musik auch abseits der Albumtiteln konsequent auf, bringen zusätzliche Farben ins Spiel und servieren charmant bekömmliche Genrehits. Wer danach immer noch mit der Existenzberechtigungsfrage kommt, kann ja guten Gewissens zu ‚Psychocandy‚, ‚Isn’t Anything‚ oder ‚Ocean Rain‚ greifen.

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