Converge – Beautiful Ruin
Converge pulvern unerbittlich raus, was noch an Material von den Sessions zu ihrem 2017er Furiosum The Dusk in Us übrig war: Beautiful Ruin gibt vier Songs (respektive sieben geschwindigkeitssüchtige Minuten) lang tollwütigen Punk- Vollgas, ohne in die Breite zu wachsen.
So plötzlich der Release von Beautiful Ruin nun letztendlich auch kommen mag, wurde rund um The Dusk in Us immer wieder kommuniziert, dass das Quartett aus Boston noch Material in den Archiven hatte, das sich nicht in das neunte Studioalbum einfügen wollte: „Wir haben 18 Lieder aufgenommen und fanden, dass dreizehn davon sehr gut auf das Album passen. Eines davon findet sich auf der 7“, die wir vorab veröffentlicht haben. Bleiben vier, die wir auch früher oder später veröffentlichen werden. Die sind nicht schlechter als die anderen, aber wir wollten das Album in sich schlüssig und kraftvoll gestalten“.
Das tatsächlich vielmehr stilistische als qualitative Beweggründe hinter der Entscheidung standen, die vier nun versammelten Songs aus dem Gefüge von The Dusk in Us zu nehmen, daran besteht hiermit kein Zweifel mehr: Beautiful Ruin ist roh, schnell und deutlich aggressiver eine räudige Direktheit formulierend, als das Album-Mutterschiff, dazu kompositionell weniger geduldig und alleine schon aufgrund der atemlos praktizierten Kompaktheit der Songs näher dran am straighten Punk-Spirit von der Discografie-Impulsivität You Fail Me.
Permanent Blue (ist mit knapp zweieinhalb Minuten nicht nur der mit Abstand längste Track der EP, sondern) hätte dabei noch am ehesten auf das Studioalbum aus dem November 2017 gepasst, galoppiert aber dennoch bereits vehementer Richtung Axe to Fall im Allgemeinen und Aimless Arrow im Speziellen. Bannon rezitiert mit manischer Dringlichkeit, Newton bellt aus dem Hintergrund, die Wut lässt sich nicht stauen. Converge nehmen sich trotz der ansatzlosen Raserei jedoch im Grunde Zeit, überstürzen nichts und randaliert mit flimmernden Gitarren sogar über ein relativ atmosphärisches Zwischenspiel zu seiner finalen Abfahrt: Unerbittlich ja, aber nicht blind vor Hass.
Churches and Jails beginnt dagegen wie eine hirnwütige Kvelertak-Schlägerei, stürzt sich jedoch alsbald in einen astreinen Hardcore-Fleischwolf: Koller treibt mit manischer Energie, Ballou lässt seine Gitarren mit schmissigere Knackigkeit hyperventilieren. Bereits zu diesem Zeitpunkt zeichnet sich deswegen auch ab, dass (das gar nicht so unstimmig betitelte) Beautiful Ruin trotz seiner permanent nach vorne gehenden Ausrichtung in der Dynamik und Anordnung der einzelnen Tracks durchaus einen wechselseitigen Schub fährt, Converge die Intensität mit Schaum vorm Mund fast schon subtil nuanciert rauf- und runterfahren und ihre routinierte Klasse im Signatursound zuverlässig ausspielen
Im mit Single-Ehren ausgestatteten Highlight Melancholia steht Bannon so erst auf seiner Kanzel, während hinter ihm ein Ungetüm von einem im Midtempo bretternden Beinahe-Rocksong losbricht, Converge näher dran an den breitbeinig bellenden Momenten von Blacklisted oder Trap Them sind. Wie dissonant die Gitarre dabei gegen den generellen Sog der Nummer gekämmt wird, ist hingegen typisch – vor allem im Kontext dieser zwischen schnell und noch schneller hastenden Achterbahn funktioniert die Nummer exzellent.
Dass der Titeltrack danach noch einmal den atemlosen Hochgeschwindigkeitszug gibt, der die ganze Band eskalieren lässt, beendet Beautiful Ruin allerdings auch ein wenig ohne zufriedenstellenden finalen Climax: Der Rausch verpufft ein wenig ohne klar erkennbaren Höhepunkt, zumindest ein massiveres Gegengewicht zum eröffnenden Permanent Blue hätte den Gesamtfluss ergiebiger ausgeschöpft.
Weswegen Beautiful Ruin entlang der unvergleichlichen Converge-Klasse gerade mit I Can Tell You About Pain im Rückspiegel schon auch wie das dezent suboptimale Ausnutzen der Möglichkeiten wirkt: The Dusk in Us hätte in der Fusion des vom Album getrennten Materials anstelle zweier sehr guter Trabanten durchaus einen überragenden Appendix haben können.
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