Conrad Keely – Original Machines
Conrad Keely nutzt die Zeit ohne …And You Will Know und by the Trail of Dead, um Eindrücke seines rastlosen Nomadenlebens als erstes Soloalbum zu vertonen. ‚Original Machines‚ verschweißt dem folgend ein versprengt zusammengewürfeltes Songsammelsurium – ganz im Sinne Robert Pollards -, indem es die stilistischen Grenzgebiete rund um den Kosmos von Keely’s Stammband erkundet.
Auch wenn Keely auf seinem Debütalbum soundtechnisch ganz andere Ansprüche stellt als der unermüdliche Guided by Voices-Chef Pollard es tut, ist dies eine Referenz, die den Weltbürger schon alleine angesichts der einstigen Verneigung ‚Gold Heart Mountain Top Queen Dirctory‚ nicht beleidigen dürfte. Ganz ungeachtet dessen, dass bei ‚Original Machines‚ die Quintessenz, die unverkennbaren Charakterzüge von …And You Will Know us by the Trail of Dead freilich ohnedies näher liegen als alle anderen Bezugspunkte: Jede Melodie hier könnte unter anderen Umständen auch direkt in den Klangkosmos von Trail of Dead assimiliert werden. Zu markant ist Keely’s als Bindeglied zwischen den Klüften ausgebreitete Stimme, sein generelles Songwriting, so wandelbar und ambivalent es sich hier auch präsentieren mag. ‚Original Machines‚ klingt unmittelbar vertraut und dennoch wie keine bisherige Platte des 44 Jährigen, ein in die eigenen Trademarks eingeflochtener Schmelztiegel der Impressionen: Entstanden ist der Großteil des versammelten Materials auf Reisen durch Kambodscha, nachdem Keely 2012 nach Phnom Penh übersiedelt war, einige wenige Songs im Tourbus von Trail of Dead.
‚Original Machines‚ ist folgerichtig keine Platte, die lange an einem Ort verweilt. 24 Songs in 56 Minuten sprechen in ihrer kaum festzunagelnden, unheimlich abwechslungsreich agierenden Sprunghaftigkeit eine deutliche Sprache (und drängt ‚Original Machines‚ eben alleine quantitativ die klaren Parallelen zu Pollard und dessen Herangehensweise auf). Ob Keely nun wie im ziellosen ‚Your Tide Is Going Out‚ grummelnder Bassläufe dunkel gestimmte Gitarren in eine stakkatohaft den Noise anflirtende, The Cure-artige Wave-Atmosphäre schickt, ‚Warm Insurrection‘ mit perkussiver Rücklage antreibt, ‚In Words Of A Not So Famous Man‚ als friedlich gezupfte Miniatur mit sanfter Drummachine und bezaubernden Streichern inszeniert, einen wunderbar leichtfüßigen Akustikpopper mit Pianomotiv bastelt (‚Engines of the Dark‚), ‚Nothing That I Meant (Interstellar)‚ als jazzig nebulöses Durchatmen mit emotional aufmachendem Refrain gestaltet, lieblichen Damon Albarn‚esker Pop zaubert (‚Row Away‚) und ein Banjo durch die minimalistische Peter Gabriel-Elektronik schickt (‚Forbidden Stones‚) oder das gesamte Alben in eine organisch vom IPad nachbearbeitete Digitalismus steckt (der eröffnenden Titelsong orientiert sich an Drum and Bass-Mustern, während das halbminütige ‚Marcel Was Here‚ wie der Titelbildschirm von Street Fighter klingt) – ‚Original Machines‚ ist ein spirituell und weltoffen anmutendes, aber fragmentarisch bleibendes Puzzle geworden.
Womit man auch unmittelbar am eigentlichen Knackpunkt der Platte angelangt ist. Der niemals versiegende Fluss an collagenartig aufgearbeiteten Ideen wird flott durchgewunken, selbst relativ stringente Rock wie das bratzende ‚Hills Of K-Town‚ oder das majestätisch strahlende ‚All That’s Left Is Land‚ sind nicht daran interessiert, ihren Kern in jene dramatischen Höhen auswachsen zu lassen, die Keely sonst bearbeitet. Er ordnet und arrangiert seine Kompositionen weniger dicht gestrickt als bei seiner Hauptband, wechselt verspielt und leichtgängig zwischen den Stilen ohne eine stringente Verbundenheit zu erwirken, er bearbeitet den Nährboden merklich spontaner, ungebundener, passiert immer wieder Augenblicke, die Teilbereiche von überragenden Trail of Dead-Szenarien (wohl sogar über dem Niveau von ‚IX‚ und ‚Lost Songs‚) hätten werden können (etwa ‚Out On The Road‚).
‚Original Machines‚ zieht so gleichermaßen einen Gutteil seines immensen Charmes an der erfrischend kurzweiligen, rasant unterhaltenden Wandelbar- und Unbekümmertheit, hinterlässt jedoch auch einen unbefriedigenden Nachgeschmack, als würde Kelly eben stets nur an der Oberfläche von nicht restlos ausformulierten Songs kratzen.
Einerseits fixt das unaufgeblähte, aber reichhaltige ‚Original Machines‚ so mit seiner Schlag auf Schlag zündenden, voller überraschenden Wendungen steckenden Kompaktheit mit hohem Suchtpotential an (man verliebt sich in unzählige aufgebaute Momente, die praktisch schon wieder vorbei sind, bevor sie sich in die Gehörgänge drängen). Andererseits frustriert die Tatsache, dass hier immensey Potential zu skizzenhaft umrissen wird, zumal der Eindruck bleibt, dass sich ‚Original Machines‚ mit mehr Zeit durchaus zu zwei deutlich stimmigeren, zwingender verschweißten (und weniger zerfahrenen und willkürlich aneinandergereihten Fluss forcierenden) Alben ausformulieren hätte lassen können.
Aber selbst wenn einzelne Nummern nicht darüber hinaus kommen empfundene Interludes (etwa das nervöse ‚The Jungles‚) und lamentierend-gefällige Lückenfüller (‚Spotlight On The Victor‚) darzustellen, die es im zu ausführlichen Kontext ohnedies nicht gebraucht hätte, funktioniert die überwiegende Mehrheit der Songs absolut stimmig und atmosphärisch-zerhackt durchaus einwandfrei. An die meisterhaft verwobenen Klasse des nicht unähnlich gedachten ‚Tao of the Dead‚ kommt ‚Original Machines‚ damit zwar nicht heran, vor allem abgerundet durch das brillante Artwork (und Artbook) bietet Keely’s erster Sologang aber eine ebenso zerrissene wie begeisternde, so fremdartig wie vertraut auftretende und mindestens so ineffiziente wie genialistisch auftrumpfende Stückwerk-Ergänzung für das Trail of Dead-Universum.
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