Colin Stetson – Hereditary (Original Motion Picture Soundtrack)
Neben dem Score für die gerne unter Wert verkaufte Sean Penn-Serie The First legt Colin Stetson mit der Untermalung von Ari Asters brillanten Horror-Drama Hereditary seine zweite Soundtrackarbeit 2018 vor. Ein potentieller Oscar-Kandidat.
Wo sich [amazon_link id=“B07DQWH1VH“ target=“_blank“ ]Asters absolut empfehlenswerter Film[/amazon_link] mit einer unbedingten Eigenwilligkeit nur vage irgendwo zwischen [amazon_link id=“B07CYRYF3W“ target=“_blank“ ]Rosemary’s Baby[/amazon_link], [amazon_link id=“B078N5B588″ target=“_blank“ ]The Killing of a Sacred Deer[/amazon_link] oder [amazon_link id=“B00ILNE36K“ target=“_blank“ ]Wenn die Gondeln Trauer tragen[/amazon_link] verorten lassen will, hat Stetson für den immersiven Soundtrack die Substanz seiner Soloalbum genommen und noch weiter in den minimalistisch-experimentellen Klangwelt-Ambient forschen lassen. So findet er eine originäre-eklektische Artikulation für die Bilder des Überraschungshits, die sich mitunter an den abstrakten Ungetümen von Tim Hecker oder Ben Frost orientieren, aber abseits der eigenen unkonventionellen Spielweise nur die Hilfe von Violinistin Sarah Neufeld beanspruchen – und nichts so sein lassen, wie es vielleicht scheint.
„You still need to get the job done of creating tension and suspense and fear but I wanted to do it in ways that had not conventionally been done. So when you listen to the score, what will invariably sound like violins is definitely not violins. And what is violins in the score you definitely didn’t think that’s what it was. What sounds like synths are most likely low woodwinds. So that kind of thing. Using unconventional methods, using instruments to get different results that don’t sound like themselves. Obscuring the sound source.“ erklärt Stetson seinen Zugang. „I purposely avoided really big, sweeping, more conventional melodic ideas, ‚cause every time those were attempted they just drew too much attention to themselves. I had this idea, the idea of hiding in plain sight was operative the whole time for me.„
Stetsons so charakteristischen Spiel am Saxophon und anderen Bläsern funktioniert deswegen für Hereditary eher wie das unheilvoll dröhnende Echo aus einer anderen Welt, brandet immer wieder auf und verschwindet, frickelt und zittert und lässt die angeschlagenen Tasten seines Instrumentes als perkussives Element klackern.
Verloren schweben die Elemente durch eine organische Paranoia, die bisweilen klaustrophobisch pulsiert, doch auch der abschwellende, beinahe stille Raum zwischen den Amplituden formt die Stimmung und Ästhetik der Platte: Innere Ängste lauern da beklemmend hervorgekitzelt hinter jeder finsteren Ecke, heulen gespenstisch einnehmend und stoßen gleichzeitig schroff am Industrial ab (etwa: Aftermath), begleiten über 72 Minuten nicht immer mit der selben Dichte – weswegen phasenweise der Eindruck einer im Kontext zu generischen Beliebigkeit entstehen kann – , spitzen sich aber spätestens für das überragende, klassisch ausgelegte Reborn zu einer schrecklich-schönen Intensität zu, die wie eine monströse schwarze Messe in hymnischer Eleganz jubiliert.
Stetsons Soundtrack harmoniert dabei gerade im Verbund mit dem Film unheimlich (hervorragend) wie ein geheimer Symbiont, der kaum merklich über allen Geschehnissen schwebt, sich aber auch ohne den visuellen Kontext mit einer ungemütlichen imaginativen Subtilität aufdrängt. Schade insofern: Ohne die mitunter hart kontrastierende Schnitte des Films reißen manche Szenen auf dem isolierten Soundtrack hier zu abrupt aus dem (unterbewusst doch deutlich verankerten) Kopfkino, gerade wenn die Spannung hysterisch wird. Party, Crash entwickelt etwa ein panisches treibendes Momentum – das ebenso unmittelbar stoppt, wie das sakral-zuckende Schnaufen aller Teile der Séance-Reihe oder Dreaming. Eine unschicke, vielleicht auch nur adäquat verstörende Aufbereitung für einen grandiosen Soundtrack, der Stetsons Können als spezialisierten Klangmaler unterstreicht.
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