Coldplay – A Head Full of Dreams

by on 6. Januar 2016 in Album

Coldplay – A Head Full of Dreams

Es stand zu befürchten: Das zwar belanglos aber durchaus nett in die Melancholie plätschernde ‚Ghost Stories‚ war nur ein kurzes Zucken in eine willkommene Richtung, denn gerade die dort aus dem Rahmen fallende Avici-Produktion ‚A Head Full of Stars‚ hat die Perspektiven für Chris Martin und Co. und ihr vielleicht letztes Studioalbum offenbar wieder gerade gerückt. Coldplay wollen als seelenlose Popband mit immanenter Chartabhängigkeit in Erinnerung behalten werden.

Dabei gilt es gleich vorab zu reaktivieren: ‚A Head Full of Dreams‚ ist entgegen der durch Artwork und Tracklist bereits vorab suggerierten Befürchtung kein weiterer geschmackloser Affront wie ‚Mylo Xyloto‚ geworden: das siebte Studioalbum von Coldplay versucht sich zwar in diese Richtung zu strecken und hat mit der souverän-deplatziert auf R&B machenden ‚Hymn for The Weekend‚ oder dem mitten im Album versteckten Hidden Track ‚X Marks the Spot‚ (das Quartett vereinnahmt erstaunlich anstandslos und ungeniert eine gleichgeschaltete Chimäre aus Vocoderpop und peinlicher Hip Hop-Fließbandware) einige neue Tiefpunkte für die Discographie der Engländer zu bieten, präsentiert sich jedoch vor allem in der zweiten Halbzeit als viel zu belanglos, ideenarm und uninteressant-beliebig dümpelndes Schlafmittel entlang der mittlerweile typisch seichten Coldplay-Melodien, um derartig nachhaltigen Eindruck zu hinterlassen. Wo ‚Mylo Xyloto‚ also mit seiner Penetranz immer noch fassungslos zu malträtieren weiß, ist ‚A Headful of Dreams‚ dafür schlichtweg zu unkreativ und vollkommen egal geraten, quasi der weniger nervige aber noch uninteressantere kleine Bruder.

Kein Wunder also, dass um die Gastauftritte von Beyoncè über Ex-Frau Gwyneth Paltrow bis hin zum Barack Obama-Samplle  im Vorfeld ein derartiges Gedöns gemacht wurde, hängen bleibt davon nämlich tatsächlich wenig – in Erinnerung bleiben vor allem die allgegenwärtige Oooohoho-Stadionchöre oder die penetrante Brechstangen-Gitarrenfigur von ‚Adventure of a Lifetime‚, dieser Disco-Goodtimes-Hymne in Technicolor für sich mit geschlossenen Augen glücklich im Kreis drehende Menschen, die sich umringt von einer Horde Affen zwischen Alltagsfrust und Midlife Crisis in den Sonnenaufgang tanzen oder zur grottigen Performance von Tove Lo sülzig in den Armen liegen.
Schon der Titelsong eröffnet absolut anstandslos in dieser Funktion als gefällig-flacher Mainstream-Stangenpop, jeder Moment trieft auch in weiter Folge vor zurechtgebogener Perfektion und Charakterlosigkeit: Man muss Coldplay und ihrem High-End-Produzententeam zumindest zugute Halten, dass sie diese bedingungslos am aalglatten Hochglanz ausgerichtete Gangart makellos verinnerlicht haben.

Dass dem kantenlosen, passiven Songwriting unter der Oberfläche schnell jedwede Substanz ausgeht, sollte ein nach surreal-optimistischer Lebensfreude gierendes Publikum nicht stören, ‚A Head Full of Dreams‚ wird seine songgewordenen Bagatellen erfolgreich von der Single-Börse bis zum Formatradio unterbringen. Und wer sich immer schon gefragt hat, wie unangenehm es sich anfühlt, wenn eine globale Bandmacht den ganz persönlichen Soundtrack für eine potentielle Real Life-Romcom aus der Schmiede von Garry Marshall liefert: Bitte hier nachhören.
Insofern wird es wohl auch mehr Kunden geben, die anhand der gefälligen Pianoballade ‚Everglow‚ Tränen in den Augen anstelle einer fremdschämenden Gänsehaut haben werden, obwohl Coldplay gerade hier hinter der schnieken Fassade wie der ausgeweidete Leichnam ihrer selbst klingen.
Einzig das schön gen ‚X&Y‚ aufmachende ‚Birds‚ erinnert dann umringt von viel solider Abwasch-Musik  noch vage daran, was man einmal an dieser Band hatte. Wenn am Ende zu ‚Up&Up‚ alle, die Kinder der Bandmitglieder und Brian Eno, Jay-Z’s Erben und Noel Gallaghers Gitarre, zum klackernden Gospel im Chor die banalen Licht-am-Ende-des-Tunnels-Zeilen von Martin singen, will das auf reißbrettartige Weise erhebend sein, erinnert jedoch frappierend an das Seifenblasen-Serienfinale von Lost. „Don’t ever give up“ greint der sentimental zurechtgestutzte Engländer vor der Upperclass-Horde , doch der Zug ist nun endgültig abgefahren.

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