Cloud Rat – Threshold

von am 13. Oktober 2022 in Album, Heavy Rotation

Cloud Rat – Threshold

Selbst wenn die vergangenen Jahre den hartnäckigen Eindruck hinterlassen haben, unsere Welt wäre von der angestammten Realität in eine alternative Zeitlinie abgebogen, bleiben Cloud Rat mit Threshold die Grindcore-Konstante, auf die einfach immer Verlass ist.

Wobei das zu kurz greift: Neben der anerkannten Tatsache, dass Cloud Rat zwingender, intensiver und schlichtweg besser sind, als das Gros der Genre-Konkurrenz, ist es die Zuverlässigkeit, mit der die Band aus Michigan jedes Mal aufs Neue spannend macht zu erleben, wie sie es anstellt, stets ausnahmslos nach sich selbst zu klingen und dabei trotzdem jedem Album einen ganz individuellen Charakter mit auf den Weg zu geben.
Die stilistische Bandbreite ist dabei auch ohne tatsächlich in sich gehende Atempausen in einem energisch wie selten nach vorne peitschenden Zug hoch wie immer. Derweil man Cloud Rat nämlich ohnedies längst nicht mehr unter dem einengenden Grindcore-Banner alleine huldigen will, ist Threshold nun doch irgendwo das Screamo-Album des Trios geworden – von der Ausstrahlung, der Attitüde und der schattierenden, beinahe durchgängig angriffslustigen Gewichtung des roh-emotional hingeschleuderten Auftretens wegen, der den Druck konstant hoch und die Zügel eng hält -, jedoch mit gewohnt weitem Spektrum gespeist aus Death-, Crust- und D-Beat-Versatzstücken, während texturierende Keyboard-Segmente und unterfütternde Harsh Noise-Grundierungen (wie in der Metal-Abrissbirne Ursitory, die merklich von Do Not Let Me Off the Cliff infiziert wütet) assimiliert wurden.

Der zähflüssige Bastard Listening Ear betoniert galoppierend und auch 12-22-09 drosselt das Tempo als Nackenmassage mit der Heaviness des Doom in bester Thou-Manier, bis die Amplitude in das andere Extrem schlägt und erstaunlich catchy eskalierend um sich schlagen. Aluminium Branches kurbelt ein munteres Riff, das über die Blastbeat-Attacken zusätzlich an Aggression gewinnt, und mündet in einer herrlichen Slo-Mo-Breakdown-Walze, die auch dem härtesten Hardcore-Pit das Fell über die Ohren zieht, derweil The Color of a Dog wie punkiger Metalcore in der Kampfzone von Converge scheint, Madisons Stimmbänder hinten raus unmenschlich zwischen Blackened-Hass und nihilistischem Fauchen provozieren. Inner Controller (Lucid Running Home) groovt polternd mit so viel Hunger und Groll, wohingegen das mathlastig flimmernde Cusp mit seinen kraftvollen Drums einfach alles einreißt, ambiente Nuancen inklusive.
Und während man noch drüber staunt, wie weltklasse Treshold produziert ist, man sich alleine in den Klang (und die irre Performance) des Schlagzeugs immer wieder aufs neue verlieben kann, reiht das Songwriting all diese brillanten Szenen kohärent wie im nahtlosen Rausch aneinander, homogen und dynamisch, so vielen vorbeirasende Augenblicken beachtliches Gewicht mit auf den Weg gebend.

Man kann dem (ohnedies mehr als die Summe seiner Teile ergebenden) Mahlstrom Treshold deswegen auch höchstens vorwerfen, dass die überragenden Phasen der Platte die „nur“ ausgezeichneten Momente überschatten, das Album gerade hinten raus mit den starken Killer-Standards Ribbon Boot oder Corset bis zum in heroischen Schüben bretternden Schlusspunkt Babahaz keine überwältigenden Geniestreiche mehr zündet.
Das ist aber ein Problem, das sich weniger aus der Qualität der Nummern ergibt, als vielmehr als der Tatsache, dass Cloud Rat im dritten Viertel von Treshold ein Feuerwerk abbrennen, das sich aus einigen der besten Songs zusammensetzt, die diese unfehlbare Truppe bisher geschaffen hat. Sheperd destilliert ein tackerndes Power-Riff mit Vocals, die so nihilistisch aus dem Höllenschlund frönen und rotzen, dass einem die Nackenhaare aufstehen. In Imaging Order blitzt die epische Kante in den Gitarrensaiten auf, Madison drangsaliert entmenschlicht furios, und selbst wenn das Dazwischen nicht mit dem roten Faden des Hauptmotiv mitkann, bevor der Ausklang astral badet, ist das nicht weniger als ein Triumphzug. Die monströses Gitarren-Ungetüm in Persocom ist eine einzige Machtdemonstration, Porcelain Boat kloppt zum epischer funkelnden Ausblick und Kaleidoscope geht im ambiebten Synth-Schimmern auf, um im progressiven Groll zu schieben.
Das Momentum, das Cloud Rat gerade in dieser Passage erzeugen, ist einerseits eine neue Leistungsgrenze für die Band selbst, andererseits die Messlatte für ein – mit Knoll, Wormrot, Vermin Womb, Escuela Grind,…. oder potentiell natürlich den Rückkehrern Gridlink – bestechendes Grindcore-Jahr, mit langen Atem wohl sogar darüber hinausgehend. Was dann auch keine Euphorie durch die Fanbrille alleine ist, sondern schlicht und ergreifend Realität.

Print article

Kommentieren

Bitte Pflichtfelder ausfüllen