Cloud Rat – Moksha
Lässt sich die Qualität eines Albums daran messen wie gut seiner Band die Coverversion eines eigentlich meilenweit entfernt stattfindenden Musikerkollegens gelingt, dann meldet sich Cloud Rats zweiter regulärer Langspieler unmittelbar zur glorreichen Meisterleistung an. Und selbst wenn sie die Eingangsthese als Nonsens erweist: mit ‚Moksha‚ sollte sich für das Trio aus Michigan die Genre-Krone des Jahres ausgehen.
Die Spanne ist eine gewaltige: auf der einen Seite brutalst schnell knüppelnder aber variabel gehaltener Grindcore mit ordentlich Schaum vorm Mund; auf der anderen mit ‚The Needle and The Damage Done‚ eine der unsterblichsten Schönheiten von Neil Young. Cloud Rat aus Mount Pleasant zertrümmern für diese eigentlich paradoxe Kombination allerdings die Distanz, und vermeiden – was noch wichtiger ist – jedwede billige Komik, die (ob gewollt oder nicht) bei derart auf den ersten, zweiten und zehnten Blick grundsätzlich absurden Cover-Ideen an den Tag treten. Stattdessen vereinnahmen Sängern Madison (ja, das bestialische Geschrei kommt ohne Testosteron aus!) und ihre Band das Original, fügen es zwischen zurückgenommenen Melodien und brachialem Gebolze nahtlos in ihren niemals stumpfen Blutrausch. Nur um es noch dicker – oder genau genommen: sphärischer – kommen zu lassen.
‚Moksha‚ endet mit seinem siebenminütigen Titelsong, einer sphärischen Instrumental-Ambientlandschaft aus melancholischen Pianotönen und weißem Drone-Rauschen, aus der selben Substanz also, aus der Denovali, Mount Eerie oder Dirty Beaches für gewöhnlich derart einnehmend Material für das Kopfkino maßschneidern. Für ‚Moksha‚ ist es die zweite – und Finale – Verschnaufpause – neben der Aufwärmphase des eröffnenden ‚Inkblot‚ fällt vor allem ‚Infinity Chasm‚ als niedergeschlagen schleichende Elegie mit sauberem Todeskampf-Hymnencharakter aus dem Rahmen – freilich nicht, ohne auf seine letzten Meter doch noch alles in Schutt und Asche zu knüppeln. Wie dringend diese in diesem knapp 30 minütigen Teufelsritt-Gemetzel benötigt werden bemerkt man dabei vielleicht erst, wenn man sich in diesem letzen Songausläufer zu verlieren droht.
Für alle die es mittels des selbstbetitelten Debütalbums und der Discographie-versammelnden Compilation ‚Fever Dreams‚ noch nicht mitbekommen haben wiederholen Cloud Rat also die Lektion: vereinzelt eingestreute Soundscape-Intermezzi zwischen unzählbaren Ratatatata-Blastbeat-Rhymnen, hysterisch giftiges Gekreische mit Blick Richtung aggressiven Screamo, Purzelbäume-schlagende Riff-Rundumschläge – und kein Bass – sind das Ding des Trios, und das kann im weiten Grindcore-Land aktuell eben kaum jemand derart zwingend, mitreißend und auch unmittelbar unterhaltend wie Cloud Rat: der Spaß im rasenden Reißwolf zu sitzen eben. Als hätten frühe Pig Destroyer den knallharten Punch von Nasum geerbt. Okay, die beiden Genreikonen sind freilich noch eine Ebene höher anzusetzen – aber Cloud Rat sind definitiv auf dem richtigen Weg!
Dass ‚Moksha‚ dann digital wie all seine (Split-)Vorgänger freigiebig verschenkt wird führt dann einmal mehr vor, dass Cloud Rat nicht nur die richtigen Songs schreiben und die Punk-Attitüde im Herzen tragen (neben „Veganism, Radical Feminism, Anarchism, Paganism, GISM and other relevant -isms.“ als sonstige Interessen), sondern vor allem den Blick auch in die Zukunft schweifen lassen. Im Hier und Jetzt heißt es aber: besser war Grindcore 2013 kaum.
Cloud Rat im Netz: Facebook | Homepage | Halo of Flies
4 Trackbacks