Cigarettes After Sex – Cry

von am 31. Oktober 2019 in Album

Cigarettes After Sex – Cry

Konsequenterweise hätte Greg Gonzalez auch das Drittwerk (aber gefühlte zweite Studioalbum) von Cigarettes After Sex selbstbetitelt zum Liebesspiel schicken müssen. Immerhin hat er mit Cry im Grunde den Vorgänger von 2017 einfach kopiert.

Was – so sehr man dem auf kuscheligen Wohlfühlbeischlaf ausgelegten Komfortzonensound auch verfallen sein kann – spätestens dann ein Problem wird, wenn doch schon Cigarettes After Sex vor zwei Jahren im Grunds nur zehn leidliche Variationen der selben Grundidee bot, und die seitdem veröffentlichten Singles Crush undSesame Syrup bzw. Neon Moon diese Gangart erschöpfend wenig Ambitionen hatten ihr verschmustes Hohheitsgebiet zu erweitern.
Dass Cry nun auf Albumlänge noch einmal, aber mit leidlich weniger Akzenten anbietendem Songwriting, praktisch endgültig entwicklungsresistent exakt dort weitermacht, ist dann die 40 Minuten der Platte aktiv konsumierend aus kreativer Sicht sogar nahe dran am uninspiriertem Offenbarungseid, der (selbst unter dem Elektronenmikroskop betrachtet) nicht die individuellen Qualitäten des Vorgängers besitzt, und sich damit begnügt, hinter den selben Outfit alles um das Quäntchen schwächer zu machen.

Das bedeutet nichtsdestotrotz freilich dennoch, dass man abermals gerne in diesen zutiefst angenehm nebenbei plätschernden Schlafwagen zwischen den Stationen Dreampop und Slowcore zusteigen möchte, und sich nicht notgedrungen daran stören muß, dass Cigarettes After Sex keinerlei Reibungspunkte mehr anbieten. Ohne nennenswert hängen bleibende Facetten verlässt sich die sedative Monotonie der eindimensionalen inhaltlichen Thematik mittlerweile alleine auf die friedliche Ästhetik und tröstende Atmosphäre – und entfaltet seine Stärken auf dieser Ebene einmal mehr effektiv.
Die Gitarren perlen dann so vertraut mit viel Reverb verräumt in bittersüßer Melancholie über flächige Synthesizer-Erinnerungen an Twin Peaks, die Rhythmen streicheln so vorsichtig wie Gonzalez androgyn schmeichelt. Gleich Don’t Let Me Go ist dann ausnahmsweise noch ein so einnehmender Ohrwurm in der Gefälligkeit, während Kiss It Off Me einem fast schon dringlichen Beat anbietet und Heavenly dem bauchigen Bass abseits des Keyboardteppichs etwas auffälliger in den Vordergrund stellt. Dass die Songs sich danach (trotz edgy Titel wie Hentai) bis zum angenehm lockeren Schlußpunkt Pure in einer austauschbar-belanglosen Formelhaftigkeit verlieren, immer nach den selben Mustern strukturiert jedes Elemente vorhersehbar einsetzen (wenn beispielsweise die Gitarre ein Motiv eingangs vorstellen darf, sich dann aber bis auf den Refrain stets zurückhält), ist deswegen irgendwie die schönste Frechheit der Welt.

Cry kommt so letztendlich Funktionsmusik gleich, die sich wie sexy Ambient-Fahrstuhlbeschallung in ihrem Signature Sound badet und Ahnungen von Melodien als Nabelschau teilnahmslos in der wehmütigen Produktion verschwimmen lässt. Form steht nun definitiv über dem Inhalt, die berieselnde Gewohnheit dominiert jedes Verlangen. Langeweile wird dann trotzdem zu einem wärmenden Kissen, in das man sich im Kontext tröstend kuschelt, ein bisschen heimelig verstanden fühlen darf – das Sättigungsgefühl ist kaum frustrierend, aber ein bisschen wie das vergängliche Entfleuchen ehemalige Liebe und Zuneigung. Schade, aber kein Weltuntergang.
Dass Cigarettes After Sex auf ihrer kommenden Tour gleich vorab motiviert genug manche Auftritte gleich doppelt gebucht haben, könnte sich insofern dennoch als zweischneidiges Schwert erweisen. Doch zumindest weiß man vorab, was einen erwarten wird. Mehr vom selben lendenmuskelbedingten Herzschmerz.

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