Chvrches – The Bones of What you Believe

von am 27. September 2013 in Album

Chvrches – The Bones of What you Believe

Ein bisschen befremdlich ist es auf den Erstkontakt hin doch: der selbe Ian Cook, der mit Unwinding Hours unter der allgemeinen Aufmerksamkeitsgrenze musiziert und die unsterblichen Aereogramme auch aufgrund ihrer akuten Erfolglosigkeit mit zu Grabe tragen musste spielt nun in einer unheimlich trendigen Synthiepopband, die nicht nur laut dem alljährlichen BBC-Orakel der heiße Scheiß ist.

Chvrches spielen jene Art von angesagtem  Electro-Pop der mit fiependen Synthesizern, vibrierenden Bassläufen und sanft pushenden Drumcomputerbeats bewerkstelligt so knietief wie butterweich in den 80ern verankert ist und spätestens seit dem Drive-Soundtrack eine konsenstaugliche Hochkonjunktur im Indieland feiert – und damit zumindest teilweise meilenweit davon entfernt ist, was die Mitglieder des schottischen Trios – neben Cook noch der ehemalige Twilight Sad Tourmusiker Martin Doherty und Lauren Mayberry als alte (Un)Bekannte der Glasgower-Szene – sonst so treiben. Dass das unmittelbar ins Rampenlicht schießende Nebenprojekt dabei kalkuliert den Fokus der Öffentlichkeit auf sich ziehen sollte darf man angesichts der beteiligten Musiker zwar wohl ausklammern, dennoch bauen Chvrches markant auf bereits geleistete hippe Vorarbeit auf: während die polarisierenden Jungmädchenstimme der unschuldig aufstampfenden ehemaligen Blue Sky Archives-Sängerin durchaus als kindliche Variante von Claire „Grimes“ Boucher durchgehen könnte fühlt sich ‚The Bones of What you Believe‚ auf rein instrumentaler Ebene doch weitestgehend so an, als hätte eine Hype-evozierende Modeerscheinung Purity Ring’sShrines‚ in ein mainstreamtaugliches Top 40-Format kopiert.

Originalitätspreis gibt es für ‚The Bones of What you Believe‚ keinen, aber dafür Airplay ohne Ende. Denn was Chvrches wirklich drauf haben ist mit zugänglichen Melodien nur so um sich zu schleudern und mit einer gnadenlosen  Treffsicherheit lupenreine Genrehits beinahe beispiellos am laufenden Band zu fabrizieren. Sicher; die stärkstens der ungemein catchy Ohrwürmer waren zwar durch etwaige EPs bereits vorab bekannt: die überragende Hymne ‚The Mother We Share‚ und das grandios zündende ‚Gun‚ vor allem, direkt dahinter die ausbrechende Dreampop-Exkursion ‚Teether‚ und das infektiös nervende ‚Recover‚ –  nur ‚Now is Not the Time‚ ist nicht anwesend. Und auch wenn das restliche „Füllmaterial“ dem Spektrum wenig hinzuzufügen hat und nur in Ausnahmefällen an die vorgelegte Qualität anknüpfen kann (wie etwa das dramatisch nach vorne drängelnde ‚Night Sky‚) werden Chvrches in absehbarer Zeit dank ‚Lies‚ und Co. nicht mit Singleengpässen zu kämpfen haben.
Ohne allzu gravierenden Schwankungsbreite im Songwriting und der Inszenierung sorgen dabei jedoch in erster Linie alleine Doherty’s Auftritte am Mikro (im verschlafenen ‚Under The Tide‚, dem wunderschön elegisch treibenden Balladenmeer ‚You Caught the Light‚ und im Hintergrund des pumpenden Thrillers ‚Science/Visions‚) für ein wenig Abwechslung in der bedingungslos genormten Zugänglichkeit.

Auf die ersten Durchgänge der zwangsläufigen Heavy Rotation hin mutet ‚The Bones of What you Believe‚ dennoch wie der ultimative Traum eines modernen Synthiepop-Albums an, reiht Hit an Hit an Hit an Hit, leidet auf lange Sicht aber am klassischen Problem ähnlich funktionaler Ohrwurmschleudern, die allzu schnell zünden und ebenso rasch zu verglühen drohen: der Abnutzungseffekt von Chvrches-Songs ist ein eklatanter. Was mitunter auch daran liegt dass der grundsätzlichen Homerecording-Charme der Platte von Mixer Rich Costey auf Hochglanz poliert wurde, alles gar zu sauber und kantenlos fiept, piepst, scharf funkelt und nahtlos gleitet, der direkteste Weg in die Gehörgänge hier auch der schnellste aus dem Langzeitgedächtnis sein muss. ‚The Bones of What you Believe‚ verliert sich so konfliktscheu im Bestreben Everybody’s Electronic-Darling zu sein, serviert all seine durchwegs bezaubernden, einnehmenden Melodien zu handzahm. Das kann man natürlich auch verdammt konsequent finden: zumindest für einen kurzen Moment gelingt es Chvrches eindrucksvoll der kleinste gemeinsame Nenner einer massentauglichen Optimierungen von M83, Depeche Mode, Robyn und kreuzbraver The Knife zu sein.

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