Chrysta Bell – Feels Like Love

von am 13. April 2019 in Album

Chrysta Bell – Feels Like Love

Aufbauend auf der selbstbetitelten EP aus dem vergangenen Jahr bastelt Chrysta Bell mit Feels Like Love ihr bisher vielseitigstes Werk – nichtsdestotrotz eine Hit-or-Miss-Angelegenheit mit viel egaler Eingängigkeit.

Ja, das dritte Studioalbum der Texanerin ist facettenreicher als seine Vorgänger, will sich stilistisch weitschweifender deswegen aber gar nicht notwendigerweise aus dem Einflussbereich der Mentoren rund um Fetischfigur David Lynch emanzipieren, und wirkt in seiner eklektischen Tanghaftigkeit phasenweise eher unbeholfen und unausgegoren, als vielseitig auf einer breiten Basis stehend.
Gerade die Anfangsphase von Feels Like Love krankt unter den falschen Perspektiven, in denen sich Bell an Ambitionen verhebt, die ihrem Wesen nicht entgegenkommen.
Tonight We Rise imitiert braven No Wave und Postpunk mit billiger Geräuschkulisse und später dünn kreischender E-Gitarre: Bell will rocken, aber gleichzeitig nicht ihre unnatürliche, geheimnisvoll gemeinte Haltung samt ungerkühltem Distanzgefühl aufgeben. Der Kompromiss hat als monotone Komposition allerdings absolut keinen Biss, keine Energie. Der Titelsong versucht sich dagegen am discotauglichen Synthpop, addiert zu seinem einfallslos laufenden Dosenbeat dafür uninspirierte Effekte samt Möchtegern-Daft Punk-Flair, gelingt allerdings nur dann halbwegs gelungen, wenn die Nummer auf die kaum originelle Blondie-Schiene kippt. Denn das Songwriting ist (stellvertretend für weite Strecken der Platte ganz generell) einfach zu belanglos: Stets wird eine Idee von Bell und ihren Helfern etabliert und um diese plätschert der jeweilige Song gefühlte Ewigkeiten ohne Entwicklungen oder Geistesblitze.

Es steht Bell deswegen einfach besser, wenn sie gar nicht erst versucht, impulsiv und flott zu klingen – denn immer wenn sie dies tut, agiert sie einfach zu hüftsteif und bemüht, zu sehr aus ihrer natürlichen Umgebung gerissen. Ruhig schwofende Tanzgesten im Stehen sind insofern weiterhin viel eher das Naturell der 41 Jährigen, wenn sie beinahe so mystisch wirkt, wie sie es gerne täte. Die durchwegs tollen Idealbeispiele der Platte: Red Angel treibt schwerelos-entrückt über ein reverbschwangeres Meer aus jazzigem Ambiente, mäandert betörenden und hat durch seine atmosphärische Dichte etwas ziellos umgarnendes, bevor die Nummer cinematographisch mit Streichern anschwillt und selbst über knapp 9 Minuten Spielzeit angenehm Kurzweilig funktioniert. Das wundervolle Highlight Time Never Dies überzeugt dagegen als entschleunigte 80er-Ballade für schwüle Lounge-Siestas mit opulentem Bond-Vibe in der Film Noir-Romanze und das bereits bekannte Blue Rose wird zwar leider mit billigen E-Streichern adaptiert, ist aber immer noch eine schöne getragene Dreampop-Elegie, die als bedeutungsschwere Geste Lana Del Rey hinterherbimmelt.

Zwischen diesen Extremen pendelt sich Feels Like Live gefällig in einer nebensächlichen Catchyness ein, die niemals wirklich schlecht ausgefallen ist, aber eben auch kaum Grund zur Euphorie bietet.
Everest beginnt etwa wie eine misslungene Kopie von Heads Will Roll, entwickelt sich dann aber zu einem psychedelisch angehauchten Lavalampen-Agenten-Pop. Julie Cruise sollte Bell einfach immer näher stehen als  Karen O und die Yeah Yeah Yeahs. In 52 Hz langweilt die kaum elektrifizierend-knisternde Pseudo-Gefährlichkeit, doch das catchy Cramps-Outfit hat zumindest etwas. Das im Midtempo bouncende Do You Think You Could Love Me? ist trotz seiner Streichern dafür ebenso schnell vergessen, wie der Schlußpunkt Vanish als prätentiöses Schwelgen beinahe nervig übersättigt. Hätte Bell das stärkste Material der Platte mal lieber zu einer wirklich überzeugenden weiteren EP destilliert.

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