Christian Lee Hutson – Beginners

von am 5. Juni 2020 in Album

Christian Lee Hutson – Beginners

Man kann ruhig erwähnen, dass solche Kaliber wie Phoebe Bridgers, Conor Oberst, Lucy Dacus oder Nate Walcott dem Driftwood Singer Christian Lee Hutson bei der vierten Version seines zweiten Soloalbums Beginners unter die Arme gegriffen haben.

Denn zum einen agieren die prominenten Folk-Koryphäen ohnedies derart songdienlich im Hintergrund, dass niemals die Gefahr bestünde, dass sie das Rampenlicht von den zehn wunderbaren Singer-Songwriter-Stücken hier auf sich lenken würden. Und zum anderen hat der 30 Jährige Christian Lee Hutson nach Credits in den Linernotes von boygenius und Better Oblivion Community Center auch kein Problem damit, neben dem nötigen kompositorischen Eigengewicht auch offene Assoziationen hervorzurufen.
Gleich im wunderbar kontemplativ perlend eröffnenden Atheist klingt er etwa wie das Liebkind von Elliott Smith und Sufjan Stevens, bevor er im nonchalant-flapsig gackernden Talk an Paul Simon erinnert und im intimen Keep You Down eher den Tallest Man on Earth referenziert.

Was diese Spannweite eint, ist neben der ein reichhaltiges Instrumentarium (alleine diese fein nuancierten Bläser in beispielsweise Twin Soul!) unüppig in Szene setzenden Bridgers-Produktion ein bisweilen erhebendes Gespür für bescheiden vorstellig werdende, aber dann umso nachhaltiger bezaubernd einwirkende Melodien – was so vor allem in der Eingangs- und Endphase der Platte zum Tragen kommt.
Dazu kommen liebenswürdig-kluge Texte, die oft einen gar nicht so subversiven Kontrast, oder zumindest ambivalente Schattierungen, zu einem Plattentitel namens Beginners schaffen. „I don’t remember getting older, but I’m slowing down/ I don’t know if I’m gonna miss you where I’m going now“ singt Hutson etwa. Oder:„Is it so unforgivable/ To wander off the course?/ We had a pretty good run/ But I just can’t fucking do it anymore“.

Voll wärmender Melancholie ist Beginners nämlich auch immer wieder eine Platte, die das Ende von Dingen vorwegnimmt, Distanzen aufzeigt, damit aber auch ihren Frieden findet. „Sometimes I imagine us way down the line/ Getting fat somewhere in the countryside/ It’s crazy how things shake out sometimes/ But maybe that’s enough magic for me“. Die Nostalgie hat inmitten der grundlegend sorgsam fingerpickender Eleganz und der darüber liegenden anmutigen Arrangements nicht nur etwas tröstendes, sondern auch optimistisches. „Let’s get the old band back together again/ Let’s get back in the room and let the magic happen“ heißt es etwa im aus der Zeit gefallenen Singalong Get The Old Band Back Together, dem vielleicht markantesten Ohrwurm der Platte, der auf authentische Weise schon Jahre auf dem Buckel zu haben scheint und trotzdem so frisch und beschwingt wirkt, als wäre die Platte Hutson leicht und spontan aus den Fingern geglitten.

Beginners ist jedenfalls ein Reigen, dessen unaufdringliche Klasse spätestens dann Sinn macht, wenn Single for the Summer sich sicher ist: „It’s gonna happen any day now“. Und in einem erhebenden Chor aufgeht, der dieser komplexen, aber bescheiden bleibenden, ausfallfreien, aber mit Schatten werfenden Highlights (gerade über latent generische Kleinode wie die ruhige, unaufregende Single Northsiders) ausgestatteten Platte einen würdigen Abgang beschert.
Und dann eben auch nach bittersüßen Streicheleinheiten wie dem sanften Lose this Number oder stillen Fragilitäten a la Unforgivable über einen nebensächlicheren Mittelteil wirklich der endgültige Beginn einer Karriere sein sollte, die sich nicht in der zweiten Reihe der boomenden LA-Indiefolk-Szene verstecken muß.

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