Christian Fitness – You Are The Ambulance

von am 22. Juni 2019 in Album

Christian Fitness – You Are The Ambulance

Die fünfte Studioplatte im fünften Jahr zeigt den mittlerweile ja primär mit Mclusky-Reunionsshows beschäftigt zu sein scheinenden Andy Falkous in ungebrochener (Veröffentlichungs)Wut. Christian Fitness sind derweil mit You Are the Ambulance allerdings zu einem halbgaren Lust-und-Laune-Nebenprojekt geworden.

Obwohl die einstige One-Man-Band längst zum am schnellsten und kontinuierlich benutzten kreativen Ventil für den Waliser avanciert ist, scheint die Qualitätskontrolle bei Christian Fitness mittlerweile doch ein bisschen auf unkritischen Durchzug geschalten zu haben. Nicht umsonst hat man Falcos Quasi-Soloplattform ausgerechnet nach dem Highlight This Taco is Not Correct vor knapp drei Jahren ein bisschen vergessen – über Slap Bass Hunks und Nuance – The Musical hat Christian Fitness doch den Faden verloren, auch das (trotz aller eingefahrener Mechanismen) unberechenbare Momentum.
Zwar fängt sich Falco nun bestenfalls wieder um das Quäntchen zufriedenstellender, unterstreicht aber, dass (trotz der bei allen Projekten nahezu selben Besetzung – hier eben wirklich nur: Erfüllungsgehilfen) Christian Fitness die Plattform für die ohne übertriebenen Ernst auf der Hüfte geschossenen spontanen Entwürfe und Skizzen bleiben: Vage Ideen finden hier eine Bühne, die eher impulsiv hinaus wollen, als ausgefeilt vollendet zu Ende gedacht zu werden. Weswegen auch You Are the Ambulance eher etwas für unersättliche Anhänger Falcos geworden ist, die über eine gewisse Frustrationsgrenze verfügen, um über all das Beach liegen gelassene Potential hinwegzusehen und die obligatorischen Sackgassen zumindest sportlich zu nehmen.

Die essentiellen Ergänzungen halten sich jedenfalls selbst für die eine ordentliche Schwankungsbreite gewohnte Diskografie von Christian Fitness im arg überschaubaren Rahmen.
Das stoisch in sich verharrende you can stand on one leg (but you shouldn’t) ist spätestens dann stark, wenn die Gesangsharmonien den Song hochheben – zumal Falco irgendwann ohnedies die Handbremse löst. In hey dave, don’t date yourself mag die Ausführung der zugrunde liegenden Idee (durchaus exemplarisch) zu dünn sein und keinerlei Entwicklung einsetzen, doch der Kontrast aus filigraner Zurückgenommenheit und einer mit kumpelhaften Chören hymnischer im getragenen Tempi walzenden Erhebung ist durchaus einnehmend. Und getting stuck is funny sometimes bleibt mit seiner zackigen Art nicht nur griffiger hängen als der Rest, sondern hat auch ein knappes, aber schön bissig anziehendes Finale – auch wenn die packende Kraft der Performance fehlt.

Der Rest von You Are the Ambulance bietet allerdings eine mediokre Substanz und ist immer wieder durchzogen von wenig schlüssigen Entscheidungen. In newly colonised moon scheinen drei Gitarrenspuren ausgemergelt aneinander vorbeizuspielen, werden dann aber doch von einem stacksenden Rhythmus zusammengehalten. So schrammelt der Opener vor sich hin und mündet plötzlich in aus dem Nichts kommenden, zusammenhanglos-wirren Fanfaren und einer „Ladies and gentlemen, this is your Captain speaking!“-Ansprache. Am anderen Ende lässt health pt.1 seinen Bass zu dystopischen Synthwave-Rumoren knarzen, wenngleich die eingestreuten majestätischen Wände willkürlich gewählt anmuten. Spätestes, wenn das holprig übernehmende health pt.2 sie unmotiviert wieder über Bord wirft, stattdessen praktisch abrupt den nach vorne gehende Punker initiiert, giftig umschaltet, aber keinerlei Relation zu Part 1 erkennen lässt und die manchmal vielversprechende, aber bisweilen arg sporadische Ader der Platte ohne Masterplan destilliert.

Real tennis begnügt sich dagegen ein heulender Standard zu sein, der überschwänglich wirken will, aber keine zwingende Melodie in der Dringlichkeit anbieten kann, während das kirmesartig hüpfende mister conviction sich so clownesk-simpel konstruiert immer wieder entschleunigt im Kreis drehend die Nervgrenze penetriert. The brain is not a lever ist einer dieser asketisch davonlaufenden Rocker, wie Graham Coxon sie dereinst gerne (und besser) rausgehauen hat, nur dass Falco dazu eine seiner mittlerweile etwas ausgerutschten Tiraden rezitiert.
Und optics of a nurse könnte eben dort als eingesprochene Anti-Rassismus-Millieustudie mit gruseliger Farfisa-Orgel und betont trockenem Bass als groovende Annäherung an den Okkult Rock durchgehen – tut es aber nicht. Wie alles auf You Are the Ambulance bleibt der Anriss auch hier nur eine vage Option mit viel egozentrischem Charisma, aber ohne Konsequenz.

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