Christian Fitness – Love Letters in the Age of Steam
Das zweite Christian Fitness Album könnte selbst für Langzeitfans der Knackpunkt für die Wahrnehmung von Noiserock-Maniac Andy Falkous werden, in der aus bedingungsloser Zuverlässigkeit plötzlich generische Routine wird.
Der Vorwurf, dass sich Falkous mittlerweile auf die faule Haut legen würde greift dabei an sich keinesfalls: ‚Love Letters in the Age of Steam‚ ist besser produziert als sein Vorgänger ‚I am Scared of Everything that isn’t Me‚ und bietet vor allem in der detaillierten Gitarrenarbeit mehr zu entdecken, dazu zwingt sich der Waliser immer wieder aus seiner Komfortzone: Der Punker ‚Middleyurt‚ bedient sich beispielsweise superknackig in den Thrash rollender Drums über kreischendem Gitarrenfuzz, um den manischen Zirkusdirektor Falco in Szene zu setzen, ‚Standard Issue Grief‚ imitiert einen versöhnlich fliesenden Popsong und ‚The Psychic Reader‚ heilt friedlich seine Wunden mit einer souligen The Who-Orgel.
‚The Harder it Hits‚ klingt dann gar so elektronisch veranlagt, als hätte sich Falkous in einen übel gelaunten Roboter verwandelt, der Tanzflächen mit seinen maschinellen Sequencer-Bewegungen terrorisiert. Sobald das unorthodoxe Geschehen jedoch erst wieder in einem klassischen Noiserockpart aufgelöst wird, wird die Sachlage ein wenig symptomatisch: Denkt Falkous seine Trademarks über die bisherigen Grenzen hinaus, tut er dies einerseits nur selten ohne Netz und doppelten Boden – aber gut, der Mann kann nicht aus seiner Haut, was natürlich auch weiterhin kein Fan ernsthaft von einem der letzten Fackelträger des Genres wünschen würde.
Andererseits wirken die neu aufgezeigten Wege im Kontext nur bedingt schlüssig, weil ‚Love Letters in the Age of Steam‚ ähnlich wie schon ‚I am Scared of Everything that isn’t Me‚ eher das Feeling einer lose aus der Ideenschublade geschossenen Songsammlung transportiert, als tatsächlich als rundes Album zu funktionieren. In Summe fallen so aber gerade auch Songs wie ‚Who is Iron God?‚ – so souverän der Future of the Left–Frontmann hier auch abliefert – auf geradezu ermüdende Art ins Gewicht, weil man die Nummer so ähnlich in den letzten Jahren schon hundertmal von Falkous gehört hat – nur eben deutlich besser, selbst wenn der Refrain viel wieder gutmacht.
Und sicher ist das an sich Jammern auf hohem Niveau, weil die üblichen Zutaten einer Falkous Produktion (die schmissig polternden Drums und biestig aufgeriebenen Gitarren, zahlreiche catchy Hooklines mit Unruhe stiftenden Noisebreitseiten, für Räumlichkeit sorgende Synthies, die Gift und Galle spuckenden Stimme, die sich diesmal plakative T-Shirt-Slogans spart und stattdessen zwischen manischer Hibbeligkeit, bedrohlichem Nuscheln und angepisster Direktheit pendelt) natürlich wieder aufgehen und inmitten einer kurzweiligen Schmissigkeit sogar einen Brocken wie ‚3 Speed Limiters‚ abwerfen, der massiv groovenden dort weiterschabt, wo ‚How to Stop Your Brain in an Accident‚ bald mal die Puste ausging und sogar Reminiszenzen an ‚[amazon_link id=“B00005UD03″ target=“_blank“ ]McLusky Do Dallas[/amazon_link]‘ zulässt.
Schlechte Alben wird Falkous wohl keine mehr veröffentlichen, die nachhaltig hängen bleibenden Momente sind allerdings ähnlich grobkörnig gesiebt wie schon auf ‚I am Scared of Everything that isn’t Me‚, ein leichter Aufwärtstrend in der Qualitätskurve in den Standards ist dennoch zu bemerken – das Gewicht von McLusky und Future of The Left fehlt der spontan auftretenden „One Man Band“ Christian Fitness aber schlichtweg weiterhin. Obwohl es deswegen momentan ganz danach aussieht, als hätte Falkous seine kreative Hochphase hinter sich, ist nach kompakten und abwechslungsreichen 29 Minuten ein bisschen Zweckoptimus gar nicht so unangebracht: Vielleicht ist ‚Love Letters in the Age of Steam‚ ja genau die Übergangsplatte geworden, die rückblickend den Moment markieren könnte, auf der Falkous begonnen hat, der Einzug gehaltenen Vorhersehbarkeit in seinem Songwriting entgegenzuwirken. (Nicht nur) die hartgesottensten Fans bleiben deswegen wohl weiterhin an Bord.
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