Chepang – Swatta
Der monströsen, imposanten, mythologischen Daikaijū-Balgerei am Cover entsprechend sind die Ambitionen bei Chepang gewachsen: An Swatta arbeiten die Grinder seit Jahren. Herausgekommen ist nun ein über fast 50 Minuten laufender, 29 Attacken samt zahlreicher namhafter Gäste umfassender Konzeptmonolith rund um Ikagai, also behelfsmäßig übersetzt dem japanischen Prinzip des „Wert des Lebens“.
„Swatta is record where one will find everything from Chepang sonically and collaboratively. The record represents everything we have felt for the entirety of our lives as human beings into a big slab of wax. The main message is about hope and finding happiness in chaos and negativity“ sagt die an der Achse aus Nepal und New York existierende Band über ihr ganzheitliches Drittwerk, das sich aus vier Teilen zusammensetzt.
Zuallererst sind und bleiben Chepang jedoch eine Grindcore-Gang, weswegen Seite A (oder die ersten elf Nummern) sich auch dieser Kernkompetenz widmet. Mit zähnefletschend tackernder Intensität, einen Strom aus Geifern und Fauchen und gutturalem Röcheln über Blastbeats (gegebenenfalls auch gleich zwei Schlagzeugen gleichzeitig) und hyperventilierend bollernden Riffs mit metallischer Kante entfesselnd. Das fetzt mit nur kurzen Atempausen mit brutaler Hardcore-Mentalität ineinander, die Energie und Dynamik ist furios – und das Songwriting phasenweise sogar noch besser: Anurodh destilliert die melodischen Aspekte der Angriffe, aus denen die einprägsamen Motive von Akanchya einen ambienten Ausklang formen. Anumati schimmert dank eines überragenden Takafumi Matsubara und Ascharya lässt mathy mit der Zunge schnalzen, bevor Anyol im Drone verklingt. Da sind absolute Meister ihres Faches am Werk, variabel und zwingend.
Danach fächert die Band ihr Spektrum danach (im Rahmen dieser Basis) jedoch noch weiter auf, versucht durch interne und externe Impulse experimentelle Blickwinkel auf ihren Genre-Charakter zu erzeugen.
Im Segment B (respektive den Songs 11 bis 14) passiert dies, indem Chepang sich längere, progressiver strukturierte Anti-Kompositionen abringen. Der aus dem futuristische Cyber-Synth geborene Wulst entwickelt schließlich einen progressiven Jam mit Stakkato-Vorliebe und Saxofon-Hirnwut, tendiert letztendlich gar mehr zum Avantgarde Death von Imperial Triumphant mit schleudernden Thrash-Elementen, umspült als impulsive Odyssee , die instinktiv mitreißt, und sich als wirbelnder Traum auflöst, der keinen Unterschied zwischen Schönheit und Aufgebrachtheit macht: dieses fiebrige Eliminieren des grundlegenden, superkompakten Grind-Formates (oder eher: das Ausdehnen der Konventionen des Genres) steht der Band hervorragend.
Im folgenden Teilstück C (den Songs 15 bis 24) reizt dagegen eine illustre Feature-Liste, provoziert die Komfortzone aus betont kurzen, spastischen Eskalationen zu einem dämonischen, ambient geschwängerten Alptraum-Rausch (DK vermisst etwa die Distanz vom Darkwave zu den Melvins in grunzenden Schweinestall), der den Grindcore mit schwindeligen Gitarren-Achetrbahnfahrten (DMT) mit chaotischer Rasanz zu einer Abfolge aus Einzelszenen macht, den übergeordneten Spannungsbogen durch die Synapsen-Überreaktion eliminiert und die Willkür zum einenden Stilmittel macht.
Als einzig logische Reaktion auf die menschliche Interaktion kann die abschließende Seite D (Track 25 bis 29) konsequenterweise nur mit einem offenbar aus AI-Fegefeuern („trained using Realtime Audio Variational auto Encoder (RAVE) model by Diwas Bhattarai and Mixed by Colin Marston„) kreierten Abstrakt-Wahnsinn ad absurdum geführt werden. Danach bleibt durch diesen Kniff auch ohne Hintergrundwissen der Beschaffenheit ein latent unbefriedigendes Gefühl, funktioniert Swatta hinten raus doch eher auf theoretischer Meta-Ebene als bewusster Generikum-Clusterfuck, wenn sich die Frage stellt, wo Grindcore zum reinen Ästhetikum wird, wo es nur mehr Stilmittel zum Zweck ist, und inwiefern eine emotionale Bandbreite in der Rezeption überhaupt nötig wäre. Eine Antwort darauf gibt auch die kreisrund zirkulierende Heavy Rotation dieser süchtig macheden Platte nicht.
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