Chelsea Light Moving – Chelsea Light Moving
Thurston Moore rockt nach dem immer noch unglaublichen Ehe-aus mit Kim Gordon mitsamt neuem Bandprojekt wieder auf die hohe See des Indierocks. Ureigene Teritorien verlässt der Sonic Youth-Gründer dabei nicht, neue Ufer kommen aber zumindest in Sicht. Letztendlich nebensächlich, wenn der Weg durch stürmische Gewässer ein derart aufregender ist.
Bei Sonic Youth stehen die Zeichen nach der Trennung von Moore und Gordon jedenfalls weiterhin auf „Ende„, zumal sich die vier Kernmusiker zusehends andere Betätigungsfelder suchen. Steve Shelley etwa als Schlagzeuger bis Disappears, Lee Ranaldo in der Fortsetzung der Solomusikerkarriere mittels ‚Between the Times and the Tides‚. Eben genau die selbe Schiene hatte der 54 jährige Amerikaner Moore ja zuletzt 2011 mit dem von Beck zu wunderbar zurückhaltend zwischen Stephen Malkmus und Sonic Youth schwelgenden Schönheit ‚Demolished Thoughts‚ bedient, nun soll es aber wieder Teamwork sein. Dass ‚Chelsea Light Moving‚ unter dem neu firmierten Bandbanner läuft, macht nicht nur als potentieller Schlussstrich für die ruhende Institution einen Sinn: Chelsea Light Moving klingen klar nach Moore und seinem überdreht-überlegten Trademark-Gitarrenspiel neben der Spur, implementieren dazu aber wieder urwüchsigere, ungezügeltere Noiserock- und Punk-Ausflüge als Sonic Youth das zuletzt taten, dazu gar Erfahrungen die Moore wohl mit Blake Judd’s Black Metal Allstar-Projekt Twilight gesammelt hat.
Wo ‚Heavenmetal‚ also noch als relaxte Aufwärmrunde in bekannte Gefilde fungiert, geht der Hit ‚Sleeping Where I Fall‚ gleich in die Vollen: mit schneidenden Riffs und einer Produktion, die mit mitreißend bratzenden Gitarren fast bis in den Metal blicken lässt. ‚Alighted‚ wagt sich als Highlight konsequent noch weiter: Chelsea Light Moving reiben sich an dissonanten Geschrammel auf, mutieren alsbald zur grimmigen Lo-Fi Metal-Band mit Bühne für einen immanenten Groove und einem Moore der erkennt: „You are never really alone“ – bevor seine Kumpanen (bereichernd: Keith Wood alias Hush Arbors an der Gitarre; prägend: John Moloney als Jam-bessesener Schlagzeuger; souverän: die alte Bekannte Samara Lubelski, diesmal am Bass anstatt der Violine) den Song in die Kakofonie rittern.
Nicht immer zelebrieren Chelsea Light Moving einen derartigen Sprint durch ihr Songwriting, es darf ruhig auch zugänglicher und zirkulierender mit den Zutaten hantiert werden: ‚Empires Of Time‚ verknotet seine Gitarren im trügerischen Zwielicht, ‚Burroughs‚ gönnt sich als annähernd straighter Vorab-Bank gar für ein paar Sekunden einen Mitsingpart und ‚Lip‚ ist dann ein besonders hibbeliger Noise-Rock Hit. Der Groove von ‚Groovy & Linda‚ ist nur solange passiv-aggressiv, bis die Band gen Ende eine polternde Punk-Lawine lostritt, die im 80er-Hardcore Tribut ‚Communist Eyes‚ seinen sprintenden Abschluss findet. ‚Frank O’Hara Hit‚ arbeitet konzentriert einem Ausbruch entgegen, mutiert zur tonnenschweren Walze und die enervierende Erzählung ‚Mohawk‚ ist zwar mehr Art als Rock, vielleicht aber auch die ultimative Versinnbildlichung von der zuvor getätigten Behauptung: „We are the third eye of rock-and-roll!“
Noch haftet der jungen Band aus alten Hasen freilich die Vorschuss-Bürde der reinen Thurston Moore-Exkursion an, hat ‚Chelsea Light Moving‚ doch auch tatsächlich alle Zutaten an Bord, anhand derer die Ikone seit über 3 Jahrzehnten seine Kunst so versiert zelebriert. Dazu gesellt sich allerdings eine nicht geringe Portion ambitionierter Aufbruchsstimmung, die das auch in seinen entspannteren Momenten unter intensiver Spannung stehende Debütalbum transportiert.
‚Chelsea Light Moving‚ wohnt stets eine energische Dringlichkeit inne, die zu jeder Sekunde in die Welt rauszuschreien scheinen will: „Jetzt erst recht!„. So driftet das Quartett durch allerlei Querverweise auf die Rock’n’Roll-Geschichte, mal fokussierter, mal zielloser, aber immer mit einer unbändigen Lust am Krachmachen und voller Tatendrang.
Chelsea Light Moving ist deswegen auch nur in zweiter Linie ein weitestgehend furioser Bandeinstand – in erster aber der (abermaligebzw. erstmalige) Beweis dass Moore auch abseits von bzw. einer Welt ohne Sonic Youth existieren kann und muss – sind da doch unzählige Dinge, die im juvenilen Schaffensdrang aus dem so feurig auftretenden Musiker hinaus müssen. Genau deswegen sind die getriebenen Chelsea Light Moving aber vom ersten Moment an auf dem besten Weg nicht nur als Seitenprojekt oder gar Nachfolgeband der übermächtigen Institution wahrgenommen zu werden.
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