Charley Crockett – Visions Of Dallas

von am 24. Juli 2024 in Album

Charley Crockett – Visions Of Dallas

Das überraschend veröffentlichte Visions of Dallas firmiert offiziell als Chapter II von $10 Cowboy – fühlt sich aber doch auch ein bisschen wie eine B-Seiten-Sammlung aus dem Nachlass des erst drei Monate alten Vorgängeralbums an.

We recorded the songs during the same sessions as $10 Cowboy down at Arlyn Studios in Austin. Could have released a double record. But then Taylor Grace wrote ‘Visions of Dallas’ in a hotel room overlooking that city. She thought about my relationship to Dallas and the great state of Texas in general, and suggested we do a second album where all the songs tie back to Dallas and Texas. The result is Visions of Dallas.“ erklärt Charley Crockett und fasst damit den konzeptuellen roten Faden seines zweiten Langspielers in diesem Jahr zusammen.
Entsprechend dazu ist Visions of Dallas in Summe auch stilistisch direkter fokussiert als $10 Cowboy, tritt beschwingter und lockerer angelegt auf, paart straighteres Songwriting mit schnörkelloserem Instrumentarium und bringt ebenso behutsam wie sanft eine Bandbreite an eigenen und fremden Songs homogen auf Linie.

Das munter groovende Titelstück ist in seiner prägenden Attitüde ebenso exemplarisch wie das in sanfter Melancholie schunkelnde Avoiding Mirrors, derweil das nach vorne stapfende Killers of the Flower Moon auch jenseits von Hollywood im Hier und Jetzt ein veritabler Ohrwurm bleibt. Das mit Kullen Fuchs geschriebene, geduldig den Blues suchende How Low Can You Go stammt ursprünglich sogar noch von 2019, fügt sich aber nahtlos in den Kontext, weil auch ein 20-20 Vision später in einer ähnlichen Stimmung in der Bar abhängt, nachdem die schwofende Sehnsucht Charlene nostalgischen Herzschmerz verbreitet – und, weil das adaptierte Fremdmaterial zumindest souverän in den Crockett’schen Kosmos assimiliert wird.

Die Hoyt Axton-Komposition Trouble and Misery zeigt smooth rockigere Konturen, das dereinst von Johnny Cash dargebotene Jack Routh-Stück Crystal Chandeliers and Burgundy glänzt in vager Wehmut durch sein fabelhaftes Gitarrenspiel, aber auch Crocketts derzeit in Hochform agierender Trademark-Stimme. Billy Hensons Lonesome Feeling gerät ebenso solide wie Bobby Pierce’s von Ring Starr populär gemachte Loser’s Lounge als gemütliche Routineübung. Townes van Zandts Loretta bezaubert dagegen durch die zurückhaltende Lebendigkeit, die die Blue Drifters in gefühlvoller Virtuosität ausbreiten, derweil Billy Horton als Produzent kongeniale Räume auftut, wo Goodbye Holly (Bob Dylan) dann auch soulig beseelt gefällig plätschert.
Essentiell sind diese Nummern zwar nur im Ansatz – sie funktionieren aber als vertiefendes World Building für jene Dallas, durch das Crockett als Protagonist von $10 Cowboy wanderte, und vermeiden so eine gewisse Redundanz.

Weswegen es auch okay geht, dass Visions Of Dallas weitaus unspektakulärer als der großer Albumbruder aus dem April ist, denn Crockett schiebt kaum herausragenden Highlights ins Rampenlicht, sondern lässt die aufgefahrenen 36 Minuten eher konstant (mindestens) einen Level unter $10 Cowboy als gehobene Standards arbeiten.
Dass Studioalbum 14, obgleich kein wirklicher Grower, auf der Achse aus Vertrautheit und Zuverlässigkeit sowieso überzeugt und darüber hinaus (wenngleich eher nebenbei konsumiert) auch wie selbstverständlich auf Heavy Rotation läuft, ist dann eben einfach Teil der Crockett‘schen Magie, an der man sich einfach nicht satthören kann.
Selbst wenn die kurzweiligen zwölf Songs so objektiv betrachtet ohne Fanbrille vielleicht kein Aufrunden bei der Bewertung gerechtfertigt hätten, verdient sich diese instinktive Überraschungsplatte („The days of 18-to-24-month release cycles have gone the way of the dinosaur. I’ll have my 14th studio album out next week, and every single one has been released how and when I wanted them to. I see no reason to change now.“) auch ohne Ausschussware-Bonus dann einfach doch mehr, als nüchterne Objektivität.

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