Charley Crockett – Lonesome Drifter

von am 29. März 2025 in Album

Charley Crockett – Lonesome Drifter

Der bei den jüngsten Grammys den Kürzeren gezogen habende (und darüber wohl nicht traurige) Charley Crockett startet in das Abenteuer Major Label mit Produzent Shooter Jennings und Lonesome Drifter – dem ersten Teil einer bereits jetzt fast fertiggestellten Trilogie.

Grundlegend hat sich durch den markanten Karriereschritt für den 41 jährigen weder in Sachen Arbeitsethos noch hinsichtlich musikalischer Ausdrucksformen viel geändert: Immer noch spielt Crockett seinen unverkennbaren, bluesigen Texas Country und schreibt dort mit einer unspektakulären Konstanz einen hochqualitativen Song nach dem anderen, ohne in die Routine des Autopiloten zu schalten.
Allerdings hilft ihm sein neuer Betreuer Jennings dabei, die inszenatorischen Freiheiten, die Crockett sich gerade mit seinen  jüngsten Platten beigebracht hat, auf eine breitere Ebene zu hieven. Mit einem Sound, der zwar organisch und keineswegs überladen ist, aber merklich sauberer und voller ist, einfach mehr Cinemascope zulässt, und sich in Sachen Arrangements gediegen in eine runde Souveränität bettet.

Am deutlichsten tritt dies in den Songs zu Tage, die sich von Streichern begleiten lassen. Im grandiosen, absolut lässig eröffnenden Titelsong etwa, der sein 70s Drama funky und groovy andeutet, oder dem wunderbar soulig und geschmeidig angelegten, geschmackvoll temperierten Schwofer Easy Money. Amarillo by Morning ist einfach eine schöne Geschichtsstunde für jüngere Generationen, ohne Kitsch oder Nostalgie, die behutsame (jedoch etwas zu nölende) Acoustic-Einkehr This Crazy Life liebäugelt mit sinfonischen Tendenzen, und das gemütlich schippernde Life of a Country Singer gibt sich zurückhaltend, artikuliert aber mit viel Understatement Wahrheiten: „I ain’t the first one, or the best, but I’m different.“ Außergewöhnlich, eher.
Wo das (wohl ca.) 15. Studioalbum von Crockett seit 2015 sein ebensovieltes ausfallfreies darstellt, und das Können von Jennings auch adäquat adaptiert wird, kann man die naturalistische Reibung, die gerade Billy Horton auf den Produzentenstuhl mitbrachte, im Verlauf der Platte dennoch ein bisschen vermissen, wenn Lonesome Drifter in Summe zu barrierefrei an der Hand nimmt und einen (gefälligen) Ohrwurm nach dem anderen anbietet.

Game I Can’t Win marschiert als sofort abholender Standard, der nicht umsonst zu Single-Ehren gekommen ist, und überrascht zudem mit anziehendem Banjo-Schub, der Instant-Liebling Under Neon Lights schmiegt sich hingegen angenehm an den orgelnden Memphis Soul. The Death of Bill Bailey richtet sich den Hut als Western und das coole Never No More gönnt sich die Mundharmonika nebst einem Gitarrensolo, bevor der Night Rider honkytonky’esk schunkelt.
Ausgerechnet One Trick Pony kommt unaufgeregt dazwichen kaum über das Füllmaterial hinaus, vermeidet dann über kleine Details wie die Percussion Redundanz, während das gemütlich schunkelnde Jamestown Ferry die furiose Trompete auspackt und spätestens damit die Frage, ob eine neuerliche Coverversion des Klassikers nach 2017 unbedingt nötig war, als Ausdruck des Wesens von Lonesome Drifter obsolet macht: ein abgeklärtes Nachziehen der Stellschrauben genügt meistens schon, um die Maschine Crockett spannend zu halten, immer wieder aufs Neue.
Die Zukunftsaussichten sind insofern erfreulich, wenn Crocket nach diesem ersten Teil einer Trilogie keine lange Wartezeit in Aussicht stellt: „I just got the second one done, and I’ve got the theme and sketch of the third one done.

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