Charles Bradley – Black Velvet

von am 8. November 2018 in Album

Charles Bradley – Black Velvet

Annähernd ein Jahr nach dem krebsbedingten Tod von Charles Bradley –  und damit auch als verspätetes Geschenk zu seinem 70. Geburtstag – veröffentlichen Daptone und Dunham Records mit Black Velvet eine posthum zusammengestellte Compilation als finales, viertes Studioalbum des „The Screaming Eagle of Soul„: Unersetzliche Klasse, geschmackvoll aufbereitet.

Ohne dass Black Velvet den zu Lebzeiten veröffentlichten Platten No Time of Dreaming (2011), Victim of Love (2013) und Changes (2016) hinsichtlich seiner Dichte, Intensität und Geschlossenheit in letzter Konsequenz das Wasser reichen könnte, muss man Thomas Brenneck – seines Zeichens Stammproduzent von Bradley und Leiter seiner meisterhaften Backingkombo, der Menahan Street Band – absolut Respekt dafür aussprechen, zu welch einem würdigen (und würdevollen) Abschluß er die Diskografie des Spätstarters mit dem zehnteiligen Songbündel führt.
Dabei ist ein Großteil von Black Velvet – benannt nach dem Künstlernamen Bradleys aus jener Zeit als James Brown-Imitator, bevor der Koch Anfang des Jahrzehnts mit 62 Lenzen doch noch sein unglaubliches Debütalbum vorlegte – bereits bekannt: Material, das während der bisherigen drei Alben eingespielt worden war und teilweise schon in Form von Singles oder Compilation-Beiträgen in den Regalen sammelnder Anhänger steht; allerdings auch solches, das bisher noch unveröffentlicht war.

So oder so sind die theoretischen Resteverwertungen und Nebenbaustellen praktisch keine Ausschussware, sondern fügen sich zu einem homogen funktionierenden (leider nicht restlos auf Vollständigkeit achtenden, weil einige potentiell im Gesamten durchaus stimmig einzufügende Schmackerl außen vor lassenden) Streifzug durch die Welt von Bradley zusammen, der im besten Fall sogar eine Ahnung von essentiellen Einspielungen erweckt, im schlimmsten immer noch eine Demonstration von zeitloser Klasse im Motown-affinen Soul, Funk und R&B darstellt – und damit Gelegenheitshörern wie devoten Fans einen erfreulichen, unangestaubt-motivierten Dienst erweisen sollte.
Da pflegt etwa gleich das beschwingte Can’t Fight the Feeling einen famosen Groove und streichelt Fly Little Girl liebevoll  mit Klavier und Orgel, während sich (I Hope You Find) The Good Life minimalistisch zurücknimmt, bis die Leidenschaft sehnsüchtig knistert. Das nostalgisch-entschleunigte I Feel a Change beeindruckt mit soviel Herzblut und Gefühl, allerdings auch den meisterhaft nachträglich addierten Blässer-Arrangements – wo Black Velvet ohnedies in die Auslage stellt, dass Bradley ein Musiker war, der die Liebe und das Miteinander zum höchsten Gut erhob, das Rampenlicht nicht für sich alleine wollte.

Neben drei Coversongs des Interpretationsmeisters (Slip Away adaptiert das Original von Rodriguez famos romantisch tändelnd mit schnittiger Dynamik und ein bisschen mehr glamourösem Nachtleben; das grandiose Stay Away übersetzt Nirvana verdammt smooth stompend über eine enorm trocken hinausgespielte Rhythmussektion und das okaye Heart of Gold schlendert lässig von Neil Young weg) findet sich auf Black Velvet deswegen auch noch einmal Luv Jones: Das Duett mit LaRose Jackson, in dem Bradley mit simplen Lyrics und vielen „Ohohoos“ nur kurz ins Scheinwerferlicht tritt, lässt über seinen unaufgeregten Beat vor allem die Menahan Street Band strahlen und würdigt die Fähigkeiten und Leistungen des renomierten Brooklyner Sextetts hinter dem Mann mit der kräftigen Stimme.
Noch deutlicher wird dies im mittig platzierten Titeltrack: Ein Instrumental, besonders vorsichtig und sanft schmeichelnd von der Band gespielt, als würde sie ihren Frontmann betören wollen. Geholfen hat es letztendlich nichts – Bradley war während der Aufnahmen der Nummer bereits zu schwach, um seine Vocals aufzunehmen und die Arbeiten an dem Stück zu vollenden. Und sicher: Man vermisst Bradley hier zutiefst, kann sich aber durchaus vorstellen, wie er selbst den Moment genossen hätte, während seine Mannschaft von der Menge in die Arme genommen wird.

Am mitunter schönsten ist insofern vielleicht dennoch die abschließende Electric Version von Victim of Love: In einer ausformulierten Bandversion des hauseigenen Hits schließend Bradley, Brenneck  und die restlichen Musiker Black Velvet im Speziellen wie die Karriere des The Screaming Eagle of Soul im Speziellen als Gemeinschaft, spannen einen schönen Bogen, der ohne rührselige Verklärung oder dem kalkulierten Geschmack kommerzieller, integritätsloser Leichenfledderei auskommt.
Dieser und die restlichen Songs werden gerade rückblickend zwar trotzdem nicht das Sahnestück im Vermächtnis eines charismatischen Unikums bilden. Auch, weil die Performance von Bradley meist nicht ganz so intensiv, und die kompositionelle Substanz des kurzweiligen Black Velvet weniger knackig, gewichtig und zwingend ist, als in den besten (Semi-Klassiker-)Momenten der drei regulären Studioalben. Doch sind die aufgefahrenen 38 Minuten definitiv stark genug, um nicht nur eine beliebige Fußnote darzustellen.

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