Chamber – A Love To Kill For
Chamber spielen auf ihrem eklektischen zweiten Studioalbum den metallischen Mathcore derart unbarmherzig brutal, dass man selbst beim Zuhören auch sofort den wütenden Slamdance durch massive Wände anreißen möchte: Die 29 Minuten von A Love To Kill For verschwenden jedenfalls keine Zeit und werden nicht nur für Fans von Vein.fm, Boundaries, Knocked Loose, End, Chariot oder Foreign Hands schon jetzt einen heißen Anwärter auf die Szene-Platte des Jahres 2023 stellen.
Was nämlich schon 2020 mit dem Debütalbum Cost Of Sacrifice angezeigt und über die 2022er EP Carved In Stone unterstrichen wurde, bekommt nun mit A Love To Kill For auch noch das nötige explosive ganzheitliche Momentum mit auf den Weg, um einen veritablen Hype loszutreten und gewissermaßen das Update zum Szene-Liebling Errorzone anzubieten: Chamber machen wenig anders als viele Mitstreiter (und auch die eingangs genannten Kollegen, die als ungefähre Referenz des Sounds der Nashville-Berserker herhalten dürfen) – aber das dafür einfach so derart effektiver, zwingender und einfach besser, dass es keine wirkliche Originalität braucht, um die Abrissbirne mit guttural brüllendem Schorf ballernd, fauchend, shreddernd und fiepend über dem Gros der Konkurrenz schwingen zu lassen.
Die grimmig malmende Energie von A Love to Kill lässt den Adrenalinspiegel steigen, das Ringen der Riffs mit dissonant stichelnden Attacken und kurzen melodischen Ahnungen ist auch abseits der packenden Attitüde griffig, vertrackt und doch mit einer kathartischen Direktheit vorgetragen, so dass der nahtlose Strom aus Panic Chord-Fetzen oder brachialen Breakdowns mit angespannten Nackenmuskeln den Schulterschluss zur technischen Finesse findet, und die Symbiose aus gewitzt den Pragmatismus befeuernden Songwriting, einer absolut intensiven Performance und der physischen Präsenz sich gegenseitig ein unberechenbares Feld aus heavy Sprengzündern in die Fresse prügelt.
Über die kompakte Spielzeit lässt das Album trotz seiner derart frontalen Agenda auch kaum locker, was das Fesseln der Aufmerksamkeit angeht – selbst relative Standards wie One Final Sacrifice entwickeln eine den Durchschnitt düpierende Schlagkraft und werden zudem vom Kontext des Albums zusätzlich angetrieben: das folgende We Followed You to the Bitter End destilliert Dillinger Escape Plan-Schikanen schließlich in gerade einmal 13 Sekunden, was Our Beauty Decayed, Nothing Was Left 25 Sekunden lang im oszilierenden Noise weiterspinnt. Mirror ist dagegen später bei knapp über einer halben Minute Spielzeit schon fast elaboriert angelegt – und wechselt seine Gangart dazu passend auch wie im Wahn ohne Grenzen, ohne deswegen jedoch etwas unschlüssiges zu evozieren.
At My Hands braucht ebenfalls nur kurz, um vom relativen Durchatmen zum definitiven Exzess und weiter in ein wohlüberlegtes Auffächern der Tiefenwirksamkeit zu schalten, sich also durchaus Zeit zu nehmen, auch die Atmosphäre zu fördern, derweil Tremble als Tritt auf das Gaspedal wie ein Bulldozer auf Speed groovt und sich To Die In the Grip of Poison mit Matt McDougal (Boundaries) an Misery Signals gelehnt weiter über die doomige Death-Walze beugt und Devoured (mit Matt Honeycutt von Kublai Khan TX) das manische Chaos in den Würgegriff nimmt.
When Deliverance Comes ist mit einem ästhetischen Sinn für die düsteren Abgründe in den Texturen näher am Hardcore und Cyanide Embrace fächert das pragmatisch-perfekte, wenngleich nicht sonderlich facettenreiche gesangliche Spektrum mit zähnefletschender Leidenschaft ausnahmsweise weiter auf.
Und während der Titelsong das Szenario eigentlich bereits ideal kasteiend in den Untergang schleppt, knüppeln Chamber mit Hopeless Portrait noch eine betont grindige Abfahrt hintennachschiebend – und kippen dem unstillbaren, keineswegs stumpfen Suchtpotential gerade in der plättend-auslaugenden Konfrontationslust zusätzliches Kerosin in den Rachen: Ein Album wie ein aufregend flexendes Gym-Workout!
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